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Kind soll im OP mitgeholfen haben: Ärzte angeklagt

Im Bezirksgericht Graz-Ost haben sich am Dienstag eine Neurochirurgin und ihr Kollege wegen leichter Körperverletzung verantworten müssen. Die Frau hat im Jänner 2024 ihre Tochter zu einer Schädeloperation mitgenommen. Laut Staatsanwaltschaft soll die damals Zwölfjährige selbstständig mit einem Bohrer ein Loch für eine Sonde in die Schädeldecke gebohrt haben. Die beiden Ärzte fühlten sich nicht schuldig und bestritten, dass das Kind aktiv etwas gemacht hat.

Prozess Ärztin, die Kind in OP mitnahm
Prozess Ärztin, die Kind in OP mitnahm

Am 13. Jänner 2014 wurde ein 33-Jähriger nach einem schweren Forstunfall ins LKH Graz eingeliefert. Er hatte ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten und musste sofort operiert werden. Die Operation wurde von einem Arzt und einer Oberärztin durchgeführt. Der Chirurg war noch in Ausbildung und war weisungsgebunden. Die Neurochirurgin brachte ihre Tochter mit in den OP. Als der Großteil der Operation erledigt war, soll der Angeklagte dem Mädchen den Bohrer gereicht haben, damit das Kind laut Anklage das Loch für die Sonde bohren konnte.

Staatsanwältin: "Risiko nicht kleinreden"

Die Ärztin soll, so Staatsanwältin Julia Steiner, anschließend stolz verkündet haben, ihre Tochter habe soeben ihr erstes Bohrloch gesetzt. Durch anonyme Anzeigen kam der Fall ins Rollen. Die Operation selbst verlief gut, doch "das Risiko darf nicht kleingeredet werden", betonte die Anklägerin. Außerdem sei es "eine unglaubliche Respektlosigkeit gegenüber dem Patienten".

Der Verteidiger der Ärztin, Bernhard Lehofer, betonte ausdrücklich: "Das Kind hat nicht gebohrt". Die Kontrolle über den Bohrer habe immer der Arzt gehabt. Es sei "keine gute Idee" gewesen, die Tochter in den OP mitzunehmen, aber für diesen Fehler habe sie jetzt schon fast zwei Jahre gebüßt. Michael Kropiunig, der den Arzt vertrat, gab zu bedenken, dass sein Mandant das Alter des Kindes nicht gekannt habe. "Er ließ zu, dass sie die Hand auf seine Hand gelegt hat, als er den Bohrer führte, aber das ist strafrechtlich nicht relevant".

Angeklagte fühlten sich nicht schuldig

Der Neurochirurg fühlte sich nicht schuldig. Er schilderte, dass seine Kollegin am Ende der OP nach hinten ging, um zu telefonieren und das Mädchen ihn dann fragte: "Darf ich mithelfen?". Als er die Mutter fragte, soll diese gesagt haben: "Warum nicht?". Wo das Kind die Hand genau hatte, konnte er nicht mehr sagen, den Bohrer habe jedenfalls er geführt. Als die Gerüchte im Haus zu Befragungen führten, soll die Ärztin ihm geraten haben, alles abzustreiten.

Auch die Angeklagte bekannte sich nicht schuldig. Sie erzählte, dass ihre Tochter an diesem Tag bei ihr im Dienstzimmer gewesen sei und gelernt habe. Als sie in den OP gerufen wurde, wollte das Mädchen mit und sie stimmte zu. Die kritische Phase mit dem Bohrer will sie nicht genau gesehen haben. "Ich bin hinten gestanden und war abgelenkt". Sie gab an, nicht einmal gesehen zu haben, ob das Kind die Hand am Bohrer gehabt hatte - etwas, das sie vor der Polizei aber ausgesagt hatte.

"Warum haben Sie Druck auf Ihren Kollegen ausgeübt, damit er nichts sagt?", wollte die Staatsanwältin wissen. "Ich wollte ihn schützen", lautete die Antwort.

Zwölfjährige entschlug sich der Aussage

Die Zeugenbefragung ergab zunächst kein eindeutiges Ergebnis. Die Tochter der Angeklagten nahm ihr Entschlagungsrecht in Anspruch und sagte nicht aus. Ein Arzt und Risikomanager des Krankenhauses gab an, er habe von einer Schwester gehört, dass ein Kind an einer Operation mitgewirkt hat. Auf seine Frage, was es getan habe, soll die Schwester geantwortet haben: "Bohrt hat's halt", lautete die Antwort.

Der Leiter der Neurochirurgie, Stefan Wolfsberger, schilderte, dass er ein anonymes Schreiben vorgefunden habe, in dem von diesem Vorfall die Rede war. "Ich konnte es nicht fassen", war seine Reaktion. Er befragte den angeklagten Neurochirurgen, ob das Mädchen tatsächlich ein Bohrloch gesetzt habe. "Er hat ganz geknickt 'ja' gesagt", beschrieb der Zeuge. "War für Sie klar, dass das Kind das Bohrloch allein gesetzt hat?", fragte die Richterin. "Ich habe noch nie gehört, dass jemand ein Bohrloch nicht allein setzt". Er befragte auch die Ärztin, die die Gerüchte als "Verleumdung" bezeichnete.

Gehört hatten viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von dem Vorfall, es wurde offenbar auch viel darüber gesprochen. Konkret gesehen hatte aber kaum jemand etwas. Die Befragung der Zeugen dauerte am Nachmittag an. Da auch noch Sachverständige gehört werden sollen, galt eine Vertagung schon von Anfang an als fix.