"Wir haben ab sofort mit der bereits vorhandenen Influenza-Impfung auch die kostenlose Impfung gegen die Gürtelrose und gegen Pneumokokken - unabhängig davon, wie viel Geld die Menschen im Börsel haben", sagte Schumann. Das sei "ein Meilenstein". "Ein Drittel der Menschen erkrankt (im Laufe des Lebens; Anm.) an einer Gürtelrose." Deshalb sei es ein großes Anliegen und Projekt von Bund, Bundesländern und Sozialversicherung, für den entsprechenden Impfschutz zu sorgen. "Die Finanzierung ist bis Ende 2028 gesichert", sagte die Ministerin. Insgesamt würden für die kostenlosen Impfungen in Österreich bis dahin 450 Millionen Euro bereitgestellt.
Die Impfung gegen eine Reaktivierung der Varizellen-Erreger besteht aus zwei Immunisierungen im Abstand von zwei bis sechs Monaten. Kostenlos ist das jetzt generell für alle Erwachsenen im Alter über 60 Jahren und für Risikopersonen ab 18 Jahre. Das sind vor allem Menschen mit schweren Grunderkrankungen, Immungeschwächte, Personen mit Autoimmunerkrankungen (z.B. rheumatoider Arthritis), Krebskranke (z.B. auch unter Chemotherapie), Menschen nach Organtransplantationen etc. Herpes Zoster entsteht, wenn durch eine Schwächung des Immunsystems die Erreger der Feuchtblattern (Varizellen) reaktiviert werden und damit die Gürtelrose verursachen.
30.000 Erkrankungen pro Jahr - 2.000 Spitalsaufenthalte
Für den Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV), Robert Mülleger, ist die neue Initiative ein wesentlicher Fortschritt: "Die Gürtelrose ist eine Krankheit des Nervensystems und der Haut. Wir haben in Österreich pro Jahr mehr als 30.000 Fälle pro Jahr. Jeder dritte bis vierte Mensch erkrankt in seinem Leben. Weltweit nimmt die Häufigkeit pro Jahr um fünf Prozent zu. Zwei Drittel der Betroffenen über 50 Jahre haben eine Komplikation. Die Hospitalisierungsrate beträgt in Österreich rund sechs Prozent. Das waren im Jahr 2022 fast 2.000 Fälle mit durchschnittlich einer Woche Krankenhausaufenthalt."
Am gefürchtetsten sind im Rahmen der Erkrankung anhaltende und teilweise schwere Nervenschmerzen, die oft nur schlecht behandelt werden können. Der Hautarzt: "Die wesentlichste Komplikation ist diese 'postherpetische Neuralgie'. Sie betrifft 30 Prozent der über 50-Jährigen, 50 Prozent der über 60-Jährigen und 70 Prozent der über 70-Jährigen mit Herpes Zoster." 20 Prozent dieser Erkrankten leiden an diesen Schmerzen länger als ein Jahr, 45 Prozent berichten von täglichen Beschwerden. "Bei bis zu 40 Prozent der Patienten sind die Schmerzen nicht ausreichend gut behandelbar."
Schutzrate: mehr als 80 Prozent
Umso mehr sollte Gürtelrose laut den Aussagen bei der Pressekonferenz des Praevenire Gesundheitsforums per Impfung verhindert werden. Mülleger: "Nach elf Jahren beträgt die Schutzrate noch mehr als 80 Prozent."
Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Gesundheitsministerium, verwies auf die "extrem hohe Krankheitslast" durch Herpes Zoster. Die ersten 100.000 Dosen der Vakzine seien bereits abgerufen worden. Das betreffe österreichweit rund 2.100 Institutionen, welche sie verimpfen wollen. "Zu unserer Überraschung bezüglich der Akzeptanz war der Impfstoff in nur zwei Tagen ausreserviert." Derzeit gebe es Gespräche über die Nachlieferung mit dem Erzeuger. Man sei aber optimistisch noch in diesem November weiteren Impfstoff zu erhalten.
Bei der Herpes Zoster-Impfung kommt de facto niemand zu spät, anders als das bei saisonal gehäuft auftretenden Erkrankungen wie Influenza, Covid-19 oder den Pneumokokken der Fall ist. Gesundheitsministerin Korinna Schumann bezüglich des derzeit ausgebuchten Impfstoffes: "Ich würde da nicht von Fehlplanung, sondern von Erfolg sprechen." Faktisch käme es bei der Gürtelrose darauf an, dass sich möglichst viele Menschen über 60 und Risikopersonen durchimpfen lassen, ob etwas früher oder später, das spielt für den Schutz der Bevölkerung im Allgemeinen kaum eine Rolle.
Senioren erfreut
Erfreut äußerten sich die Seniorenvertreterinnen. Ingrid Korosec, Präsidentin des Seniorenbundes: "Wir sind sehr froh, dass es diese Impfung endlich gibt. Das hilft den Senioren, aber auch der Gesellschaft. Ein gesünderes Altern muss unsere zentrale Aufgabe sein. Wir sind in der Prävention Nachzügler."
Birgit Gerstorfer, Präsidentin des Pensionistenverbandes Österreichs, erklärte: "Die Forderung nach kostenlosen Impfungen ist alt. Sie war immer auf der Tagesordnung." Es sei toll, dass nun Herpes Zoster- und Pneumokokken-Immunisierung für Senioren kostenlos erhält seien. Die Aufwendungen für die Impfungen seien nämlich durchaus auf der Höhe der Ausgleichszulage gelegen.
Die Vakzine sind relativ kostenintensiv. Auf der anderen Seite gehen Experten für Österreich von jährlichen direkten und indirekten Kosten durch Herpes Zoster von rund 150 Millionen Euro aus.
(Quelle: APA)
