Bengalische Feuer, laute Rockmusik und teuflische Symbole: Nicht selten warten Krampus- und Perchtenläufe in der Adventszeit mit perfekter Inszenierung auf. "Events sind eine Seite der gegenwärtigen Beiträge zum Prozess der steten Rezeption und Reproduktion von Traditionen, und Bräuche wandeln sich mit den Menschen, die sie ausüben. Sie sagen wesentlich mehr aus über jene, die sie propagieren, als über unsere Kulturgeschichte", ist sich Ulrike Kammerhofer, Leiterin des Salzburger Landesinstituts für Volkskunde, sicher.
Die Teufel im NikolausspielDer Krampus-Brauch ist seit jeher einem Wandel unterworfen. Im Mittelalter förderte die Kirche psychodramatisches Predigttheater für die Bevölkerung und tolerierte die daraus entstandenen Bräuche. Der Nothelfer, der Heilige Nikolaus, war als Belohner bei sittlichem Verhalten seit dem Mittelalter von großer Bedeutung. Er löste die ebenfalls belehrende und strafende Frau Berchte (5. Jänner) ab. So kamen die Vorläufer der heutigen Krampusse und Schiachperchten als Teufel ins Nikolausspiel. Seit dem 17. Jahrhundert wurden diese Spiele regelrechte Volksschauspiele und von Laien aufgeführt. Diese Umlauf- und Stubenspiele zogen am Land von Haus zu Haus und hatten im 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Salzburg und Bayern wurden von der Prettau im Südtiroler Ahrntal, einem wichtigen Spielzentrum, sehr beeinflusst. Reste eines Nikolausspieles sind z.B. im Gasteiner Krampusumzug erhalten. Aus dem Teufel entstanden die Kramperln als Begleiter des Heiligen Nikolaus. Im Spiel wollten sie die Seelen der Menschen gewinnen, zählten deren Verfehlungen auf und drohten ihnen (Höllen-)Strafen an. Der "Seelenwäger" und Erzengel Michael (er ist Vorläufer des heutigen Engerls) setzte die Reue und Buße als Fürsprecher der Menschen dagegen. Als Unbekehrbare blieben die Teufel die einzigen ewig Verdammten, in der Hölle gefangen und angekettet, daraus stammen ihre Ketten. Die Teufelshierarchien tragen volkstümliche Namen, die die Charaktere zeigen. Hinter dem "Höllenfürst" (Luzifer, Satan) traten die "Klaubauf" mit den Fetzenpuppen (Kindern) in der Butte auf, die "Kinderfresser" mit dem schiefen Maul, die "Ganggerl", welche die Zuschauerinnen und Zuschauer sekkieren, die "Bartln" und andere "Schiache".
Erzbischof verbot VolksbräucheBald wurden solche Volksbräuche immer häufiger von kirchlicher und weltlicher Obrigkeit verboten, und unter Fürsterzbischof Hieronymus Colloredo um 1780 wurden die Verbote endgültig. Die Bräuche galten als unzeitgemäß, als Ausdruck von Unbildung und als Anlass für Geldverschwendung, Aufruhr, Raufereien und Unmoral. Bis dahin waren "schöne" wie "schiache" Maskenaufzüge Elemente der dörflichen Kontrolle. Sie karikierten die Sitten der Bevölkerung wie ungehörige Liebesaffären oder geizige Bäuerinnen, rügten strenge Dienstherren oder stellten der Obrigkeit die bekannte "Rute ins Fenster". Viele Anzeigen und Verbote zeigen, dass die Bräuche weiter im Geheimen stattfanden, sich stetig wandelten, einige schließlich aber auch verschwanden.
Viele Neudeutungen im 19. und 20. JahrhundertUm 1900 wurden Reste dieser Bräuche wieder entdeckt, die sich in manchen alpinen Dörfern noch fanden. Die Heimatkundler haben die drei Erscheinungsformen, die heute "Percht" genannt werden, endgültig vermischt: die frühmittelalterliche Erzieherin zum richtigen Verhalten, die Frau Berchte und die prächtigen Schönperchtenpaare des Karnevals (Maschkera, Larven) mit ihren schiachen Trabanten und das Teufelsgefolge des Heiligen Nikolaus.
Bercht und Percht als Synonym für MaskeIn Salzburg bildete sich bereits seit dem 17. Jahrhundert der Name "B/Percht" zum Synonym für Maske aus. So begann früh eine langsame Übertragung des Namens und eine Vermischung der Formen. Als "schiache Perchten" wurden Maskenläufe am Land noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts wiederholt verboten. Laien wie Wissenschafter dieser Zeit wollten der Mode der Zeit entsprechend alte Naturmythen bzw. nationale Ströme darin entdecken. "Diese Fehlmeinungen wirken vielfach bis heute auf die Bevölkerung ein", sagt Kammerhofer. In den vergangenen Jahrzehnten bilden Tourismus- und Regionalinitiativen den Hintergrund von Wiederaufnahmen und Überarbeitungen im Sinne einer "Eventisierung der Freizeit" und eines "Wettkampfes der Regionen". "Spektakuläres, in einer stets wechselnden Inszenierung von Bestandteilen regionaler Traditionen ist das Kennzeichen der Moderne und begleitet uns seit dem Ende des 19. Jahrhundert. Nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern auch der Wunsch nach der Ausbildung komplexer Landesidentitäten und nach Unterscheidbarkeit gegenüber anderen liegt diesen Bedürfnissen zugrunde", sagt die Leiterin des Landesinstitutes für Volkskunde.
Alle Krampus- und Perchtenläufe in Salzburg im Überblick. . .
Wer ist die beste Pass in Salzburg? Zum Krampus-Fotoblog. . .