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Licht- und Soundfestival Klanglicht - Graz in Farbenvielfalt

Um 18.30 Uhr geht es - erstmals vier statt drei Tage lang - mit dem Licht- und Soundfestival Klanglicht am Schloßberg los. Fast immer im Mittelpunkt des Festivals ist der Uhrturm, Wahrzeichen von Graz und der Steiermark und immer wieder neu interpretiert. Auf die Wände projiziert ist ein Countdown, der die Minuten bis zum Start herunterzählt. Dann leuchten der Uhrtum und über ein Dutzend weitere Standorte in der City auf und lassen die Innenstadt rauschen.

'Flux' von Collectif Scale im Landhaus Graz beim Festival 'Klanglicht'
'Flux' von Collectif Scale im Landhaus Graz beim Festival 'Klanglicht'

Ein Teil des Publikums nimmt die Aufforderung des Countdowns an. Lautstark werden die letzten zehn Sekunden heruntergezählt, bis Klang und Licht von Julian Hölscher den 28 Meter hohen Turm aus dem 16. Jahrhundert verwandeln: Erst wird seine Außenhaut unter einem leisen, aber drohenden Grollen - "Pochen" - schrumpelig, dann ornamental - bisweilen mit dem Gefühl verbunden, man kann durch die bunte Fassade hindurch ins Gebälk im Inneren sehen.

Eile ist selten geboten

Die 20 Installationen an 16 Standorten - vier davon, nämlich Schloßbergstollen, Dom im Berg, Schauspielhaus und Kasemattenbühne, nur mit dem kostenpflichtigen Festivalpass besuchbar - nehmen schon ihre Zeit in Anspruch. Eile ist selten geboten. Manche Licht- und Klangskulptur entwickelt zusätzlichen Reiz, wenn man abseits Position nimmt und die Umgebung mitwirken lässt. Olafur Eliassons Sonnenauge - "Eye see you" - in der Orangerie im Burggarten mag auf den schnellen Besucherblick hin eintönig wirken. Aber die in der von einer goldenen Innenhaut gezierte Orangerie kreiert Eigenleben, ebenso wie die angestrahlten Beine der Besucher, in goldenes Bewegungslicht mit allen Schattierungen getaucht.

Die Entdeckung der Langsamkeit gilt auch für Liz Wests "Colour Reflexion" in den Schloßberg-Kasematten mit 700 farbigen Spiegeln, die mit den Zuschauern spielen. Oder - wieder im Burggarten - "Aftereal" von Yasuhiro Chida, den tiefblau leuchtenden, über zwei Wiesen gespannten Drähten: Faszinierend mit leichtem Wassergeplätscher in der stockdunklen Nacht. Unter den uralten Bäumen stehen bleiben und lauschen zahlt sich aus. Der Wind im Laub verschmilzt mit den Lauten des Wassers und dem blauen Wabbern zu einem eigenen Rauschen.

Nichts für den schnellen Kick

Im Grazmuseum am Schloßberg ist es philosophisch, das heurige Klanglicht. In "Sphären" von Eva Schlegel, Valerie Messini und Damjan Minovski erscheinen auf Augmented Reality-Kugeln (die App Iony ist hier erforderlich, Anm.) Texte der steirischen Schriftstellerin Rosa Pock und des österreichisch-englischen Denkers Ludwig Wittgenstein. Auch hier gilt: Nichts für den schnellen Kick. Fürs Vorbeigehen eignen sich die Textzeilen, die groß auf die unterhalb des Museums gelegene Stallbastei gespielt werden.

Eines der Glanzstücke ist fast schon traditionell die Inszenierung der Design-Studierenden der FH Joanneum in der Antoniuskirche beim Volkskundemuseum mit "Vertigo". Hier ist das heurige Festivalthema "Rausch" am ehesten umgesetzt. Der Kircheninnenraum tut das Seine, um die Lichtwechsel und die teils unheimliche Musik rauschen zu lassen. Der Freiheitsplatz mit den drei morchelartigen Installationen von David Ram - "Lotus Pods" - ist ein Magnet für Kinder. In den Strukturen Platz genommen, drehen sie sich wie ein Ringelspiel im sanften Farb- und Bewegungswechsel. Gleich nebenan im Schauspielhaus setzt Studio MO:YA "Mantra Modulation" um. Die beweglich projizierte Struktur kann man mit 3D-Brille betrachten, muss man aber nicht - und auch hinter der Leinwand auf der Bühne entwickelt sie, durchscheinend, gemächlich Modulationen, die das Publikum via Touchscreen steuern kann.

Kurze Wege, langer Genuss

Im Hof des Landhauses - zum ersten Mal seit langem wieder bespielt - setzt "Collectif scale" mit "Flux" - konzipiert 2021 für die Constellations Festivals in Metz und seither durch die Welt tourend - tanzende blau-weiße Leuchtstäbe in den Renaissance-Rahmen des steirischen Landesparlaments. Neuer Ort für bewährte Installation - viele Besucher fühlten sich an die Eiskrippe erinnert, die hier im November bald wieder den Grazer Advent versinnbildlicht.

Klanglicht ist ein Festival der kurzen Wege in der Innenstadt, auch wenn kühle Herbstnächte Besucher dankbar für Innenräume machen, wie etwa im Schauspielhaus oder in Stadtpfarrkirche oder Antoniuskirche. Gewiefte Festivalbesucher vermeiden die Schlangen vor manchen Installationen, indem sie einfach zum nächsten Hochlicht weiterspazieren. Mit zunehmender Dauer des Abends - bis 23 Uhr - lichten sich die Massen etwas. Und der Vorteil der City - Streetfood am Karmeliterplatz und die zahllosen Lokale. Und die Lage natürlich - vom Schloßberg aus ist das "Arkestra of Light - Lifted" von OchoReSotto auf der Fassade der Dreifaltigkeitskirche in ganz anderer Perspektive zu sehen.

(S E R V I C E - Bis Montag, 27.10., Info unter www.klanglicht.at, Festivalpass für vier Installationen über Ticketzentrum am Kaiser-Josef-Platz 10, www.ticketzentrum.at)

(Von Peter Kolb/APA)