Laut Anklage soll der 26 Jahre alte Vater zumindest mit bedingtem Vorsatz seine jüngste Tochter zu töten versucht haben, indem er sie "zu nicht mehr exakt feststellbaren Zeitpunkten im Dezember 2024 in zumindest zwei Angriffen mehrfach schüttelte, wodurch diese ein Schüttel-Trauma mit akuten Blutungen zwischen Schädeldecke und Gehirn, erhöhtem Hirndruck, Blutungen im Augenhintergrund, beidseitigen Hygromen (eine zystische Ansammlung von Flüssigkeiten, Anm.) und mehreren Brückenvenenthrombosen erlitt und akute Lebensgefahr bestand". Der um drei Jahre jüngeren Mutter wird angekreidet, es unterlassen zu haben, ihren Mann an der Tatbegehung zu hindern, obwohl sie bei den Übergriffen in der gemeinsamen Wohnung anwesend war. Weder hätte sie das Kind geschützt noch "dritte Stellen" - Ärzte oder die Kinder- und Jugendhilfe MA 11 - informiert.
Verteidiger: "Er ist ein liebevoller Vater"
Die Eltern blieben bei ihrer bisherigen Verantwortung und beteuerten, sie hätten ihrer am 13. Oktober 2024 geborenen Tochter nichts angetan. "Die Verletzungen sind unbestritten. Die Frage wird sein, wie es dazu gekommen ist", sagte Verteidiger Andreas Reichenbach, der beide Angeklagte vertritt. Der Vater habe sich um das kleine Mädchen jedenfalls "immer liebevoll gekümmert" und das Kind "nie aktiv geschüttelt".
Es gebe im Umfeld der Familie keinen einzigen Zeugen, der gewalttätiges Verhalten der Eltern beobachtet hätte, betonte Reichenbach: "Er ist ein liebevoller Vater. Auch über die Mutter ist immer nur Positives berichtet worden." Die 23-Jährige habe seitens ihres Mannes keine Gewalt gegen ihre Kinder erlebt: "Wenn sie etwas mitbekommen hätte, hätte es sicher einen Riesendisput mit ihrem Mann gegeben. Sie hat überhaupt nie etwas mitbekommen."
Syrisches Paar seit sieben Jahren verheiratet
Bei den Angeklagten handelt es sich um ein aus Syrien stammendes Ehepaar, das seit sieben Jahren verheiratet ist. Der Mann kam 2021 nach Österreich, 2023 holte er seine Frau mit drei Kindern nach. Seit Dezember 2023 lebten sie mit drei kleinen Kindern in einer 60-Quadratmeter-Wohnung in Simmering. Im vergangenen Herbst kam dann die jüngste Tochter zur Welt.
Am 20. Dezember 2024 wurde die Kleine mit schweren Verletzungen in ein Spital gebracht. Die Ärzte hätten gleich den Verdacht auf ein massives Schütteltrauma geäußert, legte die Staatsanwältin den Geschworenen dar. Die Eltern, die zunächst als Zeugen und nicht als Beschuldigte geführt wurden, hätten behauptet, das Mädchen wäre unabsichtlich von ihrem ältesten Kind verletzt worden. Die wenige Wochen alte Tochter sei auf einer Matratze am Boden nahe bei der Heizung gelegen, damit sie es warm hat, ihre fünfjährige Schwester sei mit einem Handy in der Hand über sie gestolpert und mit dem Mobiltelefon gegen ihren Kopf gestürzt.
Diese Version zum Zustandekommen der Verletzungen ist für die Staatsanwältin widerlegt. Sie verwies auf ein eingeholtes medizinisches Gutachten, das ausschließe, dass die Kopfverletzungen sich auf das von den Eltern beschriebene Geschehen zurückführen lassen.
Eltern seit Mitte Jänner in U-Haft
Die Eltern befinden sich seit Mitte Jänner in U-Haft. Ihre anderen drei Kinder waren ihnen bereits zuvor wegen Gefahr im Verzug abgenommen worden. Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) übernahm die vorläufige Obsorge und kümmerte sich in weiterer Folge um Krisenpflegeeltern für die drei Kleinkinder. Die jüngste Tochter hat überlebt, aber bleibende Schäden erlitten. "Sie sieht fast nichts, sie kann nicht schlucken, sie hat Koordinationsstörungen", berichtete die Staatsanwältin.