"Wenn eine umfassende Reform der Sozialhilfe umgesetzt werden soll, dann muss das mit der Einbindung von Sozialorganisationen passieren", hieß es in einer Aussendung der Volkshilfe. Ähnlich äußerte sich bereits am Vortag Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler: "Wir stehen bereit, unsere langjährige Erfahrung aus der Arbeit mit armutsbetroffenen Familien, Alleinerziehenden, arbeitssuchenden Menschen und Geflüchteten in den Reformprozess einzubringen."
Am Montag hatte die Bundesregierung erklärt, die Verhandlungen mit den Bundesländern zu ihren schon lang angekündigten Plänen nun kommende Woche starten zu wollen. Kernpunkte sind wie schon im Regierungsprogramm angekündigt eine bundesweite Vereinheitlichung, eine auf Zuwanderer abgestellte Integrationsphase mit geringerem Leistungsbezug und Verpflichtungen zu Spracherwerb und Wertekursen. Ein Fokus soll auch auf Kinder gerichtet werden - mit Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut und Verbesserung der "Chancengerechtigkeit". Freilich zielt die Regierung auch auf eine Vereinheitlichung der Sozialhilfe-Beträge für Kinder, hier steht eine Staffelung nach Kinderanzahl im Raum - eine derartige Regelung war 2019 vom Verfassungsgerichtshof gekippt worden.
Kritik an Plänen
Besorgt zeigten sich die Hilfsorganisationen bezüglich möglicher Kürzungen, insbesondere für Kinder. Volkshilfe-Direktor Fenninger ist vor allem die von Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) angekündigte Anrechnung der Familienbeihilfe auf die Sozialhilfe ein Dorn im Auge: Dies werde "zum Anstieg von Kinderarmut führen".
Fenninger forderte die im Regierungsprogramm vage angekündigte "Kindergrundsicherung" ein: "Kinder sollen dabei aus der Sozialhilfe herausgenommen werden, die einzige logische Schlussfolgerung kann also nur sein: zuerst eine wirksame Kindergrundsicherung, dann die Sozialhilfereform." Eine Reform der Sozialhilfe, die Armut und insbesondere Kinderarmut verschärft, würde "fatale, soziale aber auch fiskalische Folgen haben". Denn laut OECD würde Österreich die Kinderarmut jährlich 17,2 Mrd. Euro kosten.
Caritas-Präsidentin Tödtling-Musenbichler wies Darstellungen zurück, wonach die Sozialhilfe einen erheblichen Belastungsfaktor im Staatshaushalt darstellen würde: "Die von Bundesministerin Plakolm mit der Sozialhilfe in Verbindung gebrachten 'Milliarden' bedeuten tatsächlich 1,1 Milliarden Euro - das sind nur 0,44 Prozent der gesamten Staatsausgaben. Keine Reform der Sozialhilfe wird den Staatshaushalt sanieren können." Auch das Bild eines starken Anstiegs des Sozialhilfebezugs stimme nicht mit der Realität überein. "Die Zahl der Sozialhilfebezieher ist in den letzten Jahren gesunken und steigt erst jetzt infolge aktueller Krisen wieder leicht an - und liegt dennoch deutlich unter dem Niveau von 2017."
Amnesty befürchtet "Aushöhlen" der Sozialhilfe
Auch Amnesty International warnte vor Kürzungen: "Nach der gestrigen Pressekonferenz zu den Eckdaten der Sozialhilfereform wird klar, dass die Regierung die Sozialhilfe weiter aushöhlen will", so Amnesty in einer Aussendung. Die Pläne, in der "Integrationsphase" statt dem vollen Zugang zur Sozialhilfe nur eine sogenannte "Integrationsbeihilfe" zu gewähren, die geringer als die Sozialhilfe ausfallen soll, sieht die NGO kritisch. Damit würde "den Menschen unterm Strich noch weniger zum Leben bleiben".