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Ostumfahrung von Wiener Neustadt: Enteignete Bauern wehren sich

Auf ihren Äckern soll ein umstrittenes Straßenprojekt realisiert werden: Nun ziehen die Landwirte vor Gericht.

Anrainerproteste gegen eine geplante Umfahrung von Wiener Neustadt, die über Äcker und durch eine Au verlaufen soll.
Anrainerproteste gegen eine geplante Umfahrung von Wiener Neustadt, die über Äcker und durch eine Au verlaufen soll.

Der Konflikt zum die geplante Ostumfahrung von Wiener Neustadt spitzt sich zu. Das Land Niederösterreich hat nun ein Enteignungsverfahren gegen jene neun Landwirte eingeleitet, die dem Verkauf ihrer Äcker nicht zugestimmt haben. Einer dieser Grundbesitzer ist Christian Fenz. Er sagt: "Seit mehreren Generationen ist das Feld im Besitz meiner Familie. Gerade in Krisenzeiten brauchen wir die Sicherheit, unsere Nahrungsmittel lokal anbauen zu können. Stattdessen pflastert das Land unsere ertragreichsten Äcker mit sinnlosen Straßen zu."

Bio-Bauer Hans Gribitz: "Wir stellen uns - mit der Unterstützung der Bevölkerung im Rücken - gegen diese Betonschlinge, die uns lediglich mehr Verkehr und weitere Gewerbegebiete bescheren wird."

Die Bauern wollen sich nun gegen die Enteignung ihrer Grundstücke zur Wehr setzen und haben einen Anwalt eingeschaltet. Dieser gibt sich kämpferisch und will den Fall, wenn es sein muss, bis vor den Europäischen Gerichtshof bringen: "Es gibt enormes öffentliches Interesse an der Erhaltung der Ernährungssicherheit. Es ist irrwitzig, in Zeiten von Wasserknappheit, enormer Bodenversiegelung und Umweltzerstörung immer noch an einem veralteten Straßenprojekt festzuhalten."

Auch der Protest gegen die drohende Zerstörung der Fischa-Au, die an die betroffenen Felder angrenzt und ebenfalls vom Bau der Umfahrung in Mitleidenschaft gezogen würde, weitet sich aus. Laut Bürgerinitiative "Vernunft statt Ostumfahrung" haben bereits mehr als 1700 Menschen einen Initiativantrag für eine Volksbefragung unterzeichnet. Außerdem hat man mit einem Baumhaus die Au quasi "besetzt". Ende Jänner hatte der Ökologe Franz Essl, Wissenschafter des Jahres 2022, die Fischa-Au besucht und sich klar gegen die Umfahrung ausgesprochen. Größter Kritikpunkt der Projektgegner: Die Pläne für das Verbindungsstück (fünf Kilometer lang, 60 Millionen Euro) sei Jahrzehnte alt. Wiener Neustadt wäre ohnehin schon "Betonhauptstadt Österreichs". Tatsächlich entfallen in der 48.000 Einwohner-Stadt laut Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen auf eine Person 253 m² versiegelter Boden (Österreich-Schnitt: 269 m²). Dieser Wert stammt aus dem Jahr 2022. Drei Jahre davor waren es noch 583 m².