Der Wiener Anwalt Wolfram Proksch hat vier Personen für einen gemeinsamen Antrag beim VfGH zusammengebracht: Es handelt sich dabei um einen Mann, der an multipler Sklerose leidet; einen Mann, der seiner Frau einen Revolver besorgte, mit welchem die Schwerstkranke sich erschoss, und der dafür verurteilt wurde; einen Mann, der seine demente Frau bis zu deren Tod pflegte und nun selbst kein Pflegefall werden will - sowie einen Arzt, der bereit wäre, in Österreich aktive Sterbehilfe zu leisten, wenn sie denn erlaubt wäre. "Es gibt immer mehr Länder, in denen dies zumindest in eingeschränktem Maße möglich ist. Ein derart striktes Verbot wie in Österreich ist nicht mehr zu argumentieren", sagt Proksch.
Menschenwürde vs. Verbot der Sterbehilfe?
Die vier Personen berufen sich in ihrem Antrag auf die in der EU-Grundrechtecharta geschützte Menschenwürde. "Wenn man nun das Selbstbestimmungsrecht, die Autonomie und Würde eines voll geschäftsfähigen Menschen anerkennt und wirklich ernst nimmt, geht es nicht an, ihn in Umstände oder Situationen zu zwingen bzw. in Leidenszuständen gefangen zu halten, die er als unmenschlich und entwürdigend empfindet und die er - wäre er dazu in der Lage - mit einem sicheren, schmerzlosen, ärztlich assistierten Suizid beenden würde", heißt es in dem Antrag.
Auch gegen geltendes EU-Recht würde das derzeitige strikte Verbot der Sterbehilfe verstoßen. Denn: Bereits das Mitreisen eines Familienangehörigen bzw. die Mitorganisation einer Reise eines Sterbewilligen in ein Mitgliedsland der EU, in dem die Aktive Sterbehilfe oder die Suizidhilfe gesetzlich erlaubt ist, ist in Österreich verboten. Dies würde laut den Antragstellern jedenfalls in die "unionsrechtlich garantierte Reisefreiheit" eingreifen.
Proksch: "Ich bin zuversichtlich, dass sich nun ein ernsthaftes Verfahren vor dem VfGH entwickelt. Österreich fehlt seit Jahren ein echter Diskurs über Sterbehilfe und Suizid."