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Prozess um Schussattentat in Linz vor Urteil

Der Prozess gegen einen 44-Jährigen, dem nach einem Schussattentat in Linz Mordversuch zur Last gelegt wird, ist am Freitag ins Finale gegangen, ein Urteil ist bis zum Abend zu erwarten. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, mit einer Pistole durch das geöffnete Wagenfenster auf den 38-jährigen Lenker geschossen zu haben. Hintergrund könnte ein Streit im Drogenmilieu sein, die Zeugenaussagen brachten das Gericht bisher allerdings kaum weiter.

Dem Angeklagten droht eine lange Haftstrafe
Dem Angeklagten droht eine lange Haftstrafe

Der angeklagte Nordmazedonier soll das spätere Opfer am 14. Jänner zu einem Treffpunkt beordert haben. Der Tschetschene sei mit dem Auto gekommen und der Angeklagte habe ihm durch das offene Wagenfenster "aus nächster Nähe" in den Hals geschossen, schilderte die Staatsanwaltschaft den Tatablauf. Der Mann überlebte schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter wurde einige Wochen nach der Tat in der Schweiz gefasst.

Angeklagter will sich nur verteidigt haben

Der Angeklagte gibt den Schuss zu, will sich aber nur verteidigt haben. Er präsentierte dem Gericht seine eigene Version: Der Tschetschene, den er nicht gekannt habe, habe ihn am Tag vor der Tat angerufen und "Schutzgeld verlangt", wieso wisse er nicht. Bei dem Treffen habe der Tschetschene plötzlich ein "großes Messer" gezogen. Daher habe er geschossen und sei weggelaufen.

Das am ersten Prozesstag befragte Opfer hatte keine Erklärung für die Tat und sagte häufig, es könne sich nicht mehr erinnern. Insgesamt konnten die Aussagen des Tschetschenen den Hintergrund der Tat nicht wirklich erhellen. Auch am Freitag, dem zweiten Prozesstag, blieben Zeugen aus dem Umfeld von Angeklagtem und Opfer vage. Ein Mann, der mit dem Angeklagten in die Nähe des Tatorts gefahren sein soll, will ihn auch nur flüchtig gekannt haben. Er konnte sich nicht erinnern, was gesprochen wurde und bestritt, was er bei der Polizei ausgesagt hatte - im Wesentlichen hatte er dort Drogengeschäfte in den Raum gestellt.

Zeuge "muss sich vor meiner Familie verantworten"

Der Zeuge habe die Unwahrheit gesagt, konterte der Angeklagte nach dessen Aussage. "Dafür muss er sich vor meiner Familie verantworten" - ein Satz, der den Vorsitzenden hellhörig machte. Er fragte mehrfach nach, was damit gemeint sei. "Nichts", blieb der von mehreren maskierten Justizwachebeamten bewachte Angeklagte wortkarg. Ein weiterer Zeuge, der den mutmaßlichen Täter und das spätere Opfer miteinander bekanntgemacht haben soll, leugnete dies, er kenne den Angeklagten nicht, sagte auch er.

Es handle sich bei dem Angeklagten um einen "gefährlichen Mann", der nicht davor zurückschrecke, "andere zu bedrohen, um seine Prozessposition zu verbessern", sagte die Staatsanwältin. Wenn er sage, ein Zeuge werde sich "vor der Familie verantworten müssen", seien damit sicher keine Zivilgerichte gemeint. Die Notwehrversion des Beschuldigten sei unglaubwürdig. Das Auto "ist nicht die gläserne Kutsche aus dem Märchen, sondern ein SUV. Wie er da ein Messer gesehen haben will, ist mir rätselhaft", so die Anklagevertreterin und folgert: "Es gab kein Messer."

"Bekennerschreiben" an Staatsanwaltschaft

Sie verwies auch darauf, dass der Angeklagte ein "Bekennerschreiben" an das Postfach der Staatsanwaltschaft geschickt habe. Darin schreibe er klar, dass er geschossen habe, und machte seinem Ärger Luft, dass das Opfer nicht verfolgt würde. Hintergrund der Tat dürfte aus Sicht der Anklage sein, dass sich der Angeschossene in die Drogengeschäfte des Beschuldigten, gegen den parallel ein Verfahren wegen Drogenhandels läuft, einmischen bzw. ihn erpressen habe wollen.

Der Verteidiger folgerte daraus, dass sein Mandant aus nächster Nähe nur einmal ins Auto hineingeschossen habe, dass dieser das Opfer nicht töten wollte. Denn wenn er das wollen hätte, hätte er auf den Kopf statt die Schulter zielen oder mehrmals abdrücken können, so der Anwalt. Ähnlich äußerte sich auch sein Mandant in seinem Schlusswort: "Ich war in zwei Kriegen in Spezialeinheiten", sagte er und ergänzte sinngemäß: Wenn er ihn hätte töten wollen, hätte er das tun können. "Aber ich wollte ihn nicht töten."