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Schlag gegen Menschenhandel: Österreich im Mittelpunkt

Bei einer international koordinierten Großrazzia gegen ein Menschenhändlernetzwerk sind am 5. September in Kolumbien fünf verdächtige Kolumbianer festgenommen worden. Im Fokus steht demnach eine von Österreich aus agierende Gruppe, deren mutmaßlicher Kopf ein österreichisch-türkischer Staatsbürger ist. Dieser befindet sich auf der Flucht, berichtete Europol am Montag in einer Aussendung.

Fünf Personen wurden in Kolumbien festgenommen.
Fünf Personen wurden in Kolumbien festgenommen.

In Spanien nahmen die Ermittler demnach einen uruguayischen Mann und eine kolumbianische Frau fest. Das österreichische Bundeskriminalamt (BK) bestätigte den Einsatz. Details wollte man vorerst nicht nennen, da die Ermittlungen - auch in Österreich - noch laufen.

Drei Frauen in Salzburg in U-Haft

Wie die SN bereits Ende Juli im Zusammenhang mit diesem internationalen Fall von Menschenhandel berichtet hatten, wurden zwei Österreicherinnen sowie eine Rumänin in Österreich festgenommen und befinden sich in Salzburg in U-Haft. Im Zusammenhang mit dem Fall beginnt am 13. Oktober am Landesgericht Salzburg einer der größten Prozesse um Menschenhandel und Zuhälterei, die je an einem heimischen Gericht verhandelt wurden. Auf der Anklagebank vor einem Schöffensenat müssen drei Frauen und vier Männer Platz nehmen. Die sieben Angeklagten im Alter von 29 bis 39 Jahren sollen im Rahmen der mutmaßlichen Menschenhändlerbande in unterschiedlicher Tatbeteiligung zwischen Mai 2021 und Sommer 2024 insgesamt zumindest 43 Frauen aus Kolumbien nach Österreich bzw. Salzburg gelockt haben. Das kriminelle Netzwerk soll die Opfer unter Zwang und Täuschung ausgebeutet haben.

Lange von Salzburg, dann von der Türkei aus operiert

Die mutmaßliche Menschenhändlerbande soll lange von Salzburg aus operiert und später dann - nachdem hier bereits Ermittlungen liefen - von der Türkei aus agiert haben. Bei der Erstangeklagten soll es sich um eine Rumänin (31) handeln. Sie war der Salzburger Anklagebehörde zufolge dafür zuständig, die Frauen in Kolumbien anzuwerben, etwa über Werbevideos in sozialen Medien. Sie soll auch die Flüge nach Österreich organisiert haben. Die zweitangeklagte Einheimische (32) soll dafür zuständig gewesen sein, die Frauen zu beherbergen und an Freier zu vermitteln.

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft Salzburg wurde den kolumbianischen Frauen aus ärmlichen Verhältnissen vorgegaukelt, sie könnten hier mit legaler Sexarbeit sehr viel Geld verdienen. Tatsächlich seien die Frauen aus Visumsgründen jeweils für drei Monate als illegale Prostituierte eingesetzt und dabei ausgebeutet worden. Das von den Freiern erhaltene Entgelt mussten sie den Ermittlungen zufolge zu einem großen Teil abliefern, zudem seien die Frauen eingeschüchtert und teils misshandelt worden.

Misshandlung und Erpressung

Seitens Europol hieß es am Montag: "In vielen Fällen griffen die Täter zu schwerer körperlicher Gewalt gegenüber den Frauen und bedrohten zudem deren Familienangehörige in der Heimat". Wer sich den strengen Vorgaben der Täter widersetzte, wurde demnach schwer misshandelt. "Die Gewaltakte filmten die Kriminellen und nutzten die Videos, um andere Opfer einzuschüchtern." Darüber hinaus übten sie Kontrolle durch Drohungen und Gewaltakte gegen Familienangehörige in Kolumbien aus. Die Opfer seien Freiern wie Waren angeboten worden. In einem besonders grausamen Fall gipfelte der ausgeübte Druck im Mord an einem ehemaligen Mitglied der Organisation, das das Netzwerk verlassen hatte. Die Tat ereignete sich in Kolumbien.

Für den Prozess in Salzburg sind insgesamt 21 Verhandlungstage geplant, 31 Zeuginnen und Zeugen sind beantragt. Beginnend mit 13. Oktober bis zum 22. Oktober sind bereits etliche Prozesstage fix terminisiert.