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Spektakuläre Bilder: Sprengung eines der höchsten Bauwerke der Steiermark

Eines der größten und weithin sichtbaren Landmarken steirischer Industrie- und Bergbauhistorie ist seit Samstagmittag Geschichte. Der 1975 errichtete und rund 145 Meter hohe Industrieschlot - der "Lange Ernst" - der früheren RHI Magnesitwerke im obersteirischen Trieben wurde kontrolliert gesprengt. Zuvor wurden Häuser evakuiert und der Verkehr auf der Schoberpass-Bundesstraße (B113) bzw. der ÖBB-Strecke durch das Palten-Liesing-Tal gesperrt.

Der 'Lange Ernst' in Trieben wurde gesprengt
Der 'Lange Ernst' in Trieben wurde gesprengt

Die B113 wurde laut Gemeinde von 9.00 bis 13.30 Uhr ab dem Bereich Kreuzung Bahnhofstraße bis zur Ortsausfahrt Richtung Gaishorn für Fahrzeuge gesperrt. Für Ortsansässige und Schaulustige wurden vier Besucherzonen eingerichtet, die Platzverbotszonen mit Absperrband gekennzeichnet. Als Sprengsignale bzw. Signal zum Räumen der Zone und zum Ende der Sprengung dienten die Feuerwehrsirenen. Kuriosum am Rande: Unbekannte hatten im September oberhalb der fünf rot-weißen Streifen an der Spitze des Turms die Regenbogenfarben angebracht, wie die "Kleine Zeitung" berichtete.

Zug passierte noch Sprengbereich

Gegen 11.10 Uhr passierte noch ein Zug die Strecke, dann sperrte die ÖBB den Bahnverkehr bis 12.50 Uhr. Fritz Hanisch, Bauleiter des Abbruchunternehmens Zöchling aus Haindorf in Niederösterreich, hat für die Vorbereitungen der Sprengungen mit seinem Team bis zu fünf Monate gebraucht. Die Sprengung selbst führte ein Subunternehmen durch. Die Abtragung eines Bauwerks dieser Höhe sei eine Premiere für Hanisch, sagte er im APA-Gespräch. Anspruchsvoll sei es, den Schlot so umstürzen zu lassen, dass er genau zwischen Schoberpass-Bundesstraße (B113) und Bahnstrecke falle. Darin befindet sich das frühere Werksgelände. "Er ist so gefallen, wie wir wollten", sagte Hanisch nach der erfolgreichen Sprengung gegenüber der APA.

Man habe ein "Fallgelenk" aus Beton gebaut, damit der Schornstein in die richtige Richtung stürzt. Dies funktioniere ähnlich wie eine Baumfällung mit einem Fällkeil. Dazu habe man ein "Fallbett" aufgeschüttet, zur Vermeidung von Erschütterungen, und dieses sei ordentlich durchnässt, sagte Hanisch im APA-Gespräch. Mit Problemen rechnete man nicht, nur bei einem Gewitter hätte man wegen der elektrischen Zündung unterbrechen müssen.

Mittels vier wasserbetriebenen Staubbindekanonen - ähnlich Schneekanonen - wurde die Staubentwicklung so gering wie möglich gehalten. Das galt auch für die "Wasserwände", mit denen man auch mit der Feuerwehr nahe Häuser abschirmte. Die Sprengladungen - rund 27 Kilogramm gelatinöser Sprengstoff - wurden in 150 Bohrlöchern angebracht und verkabelt. Die einzelnen Ladungen wurden in drei Stufen mit wenigen Millisekunden Abstand gezündet. Für die Beseitigung des Schutts werde man rund drei Wochen brauchen, sagte Hanisch. Das Material werde laut Hanisch mit Maschinen zerkleinert und recycelt.

Bewegte Geschichte des Schlots

Das auf Bau und Entsorgung spezialisierte Unternehmen Zöchling aus dem niederösterreichischen Hainfeld hat bereits ein Gebäude des ehemaligen Magnesitverarbeitungsunternehmens in Trieben abgetragen: Im Juli 2025 wurde das rund 70 Meter hohe Werksgebäude gesprengt und abgerissen.

Das Werk hatte eine bewegte Geschichte. Mitte April 2004 war es Schauplatz einer Katastrophenschutzübung im Rahmen der großen Bundesheer- und Einsatzkräfteübung "Schutz 04", die einen Terroranschlag im Magnesitwerk zur Annahme hatte. Das Magnesit kam zum Teil aus dem nahen Bergwerk in Hohentauern westlich von Trieben, dem sogenannten Sunk. Magnesit wurde außer in den Bergwerken im Kärntner Radenthein bzw. in der obersteirischen Veitsch, in der Breitenau (ebenfalls Steiermark) sowie im Tiroler Hochfilzen abgebaut.

Die Mine im Sunk wurde Anfang der 1990er stillgelegt. Das Werk in Trieben war - erst im Eigentum der Veitscher Magnesitwerke, dann Veitsch-Radex und schließlich der RHI bzw. RHI Magnesita - einer der größten Arbeitgeber in der Region mit rund 1.000 Beschäftigten in der sogenannten Feuerfestindustrie. Am Ende waren es nur noch 20. Der jetzige Eigentümer des Areals, eine deutsche Firma, plant hier Betriebsansiedelungen.

Eines der höchsten steirischen Bauwerke

Der "Lange Ernst" war mit seinen rund 145 Metern eines der höchsten Bauwerke in der Steiermark. Der höchste Kirchturm der Steiermark, jener der Herz-Jesu-Kirche in Graz, misst rund 110 Meter.

Eine ähnliche Sprengung gab es bereits in der Steiermark: Der hohe 180 Meter Schornstein des Dampfkraftwerks Voitsberg wurde 2015 kontrolliert "umgelegt". Eine erste Sprengung misslang, eine zweite war nötig, damit der ganze Schlot fiel. Die Zeit des Voitsberger Turms (damals das höchste Bauwerk der Steiermark, Anm.) war gekommen, als die Verbund-Gesellschaft das unrentabel gewordene, mit örtlich gewonnener Braunkohle betriebene Kraftwerk stilllegte.