Ausgangspunkt sei jedenfalls eine kuratorische Leitfrage gewesen: "Ich habe mich gefragt, welche Frau auf dem Weg zum Rundgemälde von 1809, das im Tirol Panorama ausgestellt ist, platziert werden könnte", sagte Buchroithner. Die Ausstellung kombiniere dafür dokumentarische Objekte, Reproduktionen und seltene Selbstzeugnisse von ausgewählten Frauen.
"Den Titel 'Hosenrolle' haben wir bewusst aus der Theaterwelt gewählt", sagte die Kuratorin. Er bezeichne eine weibliche Figur, die einen männlichen Charakter spielt - meist in Hosen, einem Kleidungsstück, das viele Jahrhunderte lang nur Männern vorbehalten war. "Frauen schlüpften damals in männliche Rollen, oft auch in Männerkleidung - aus Notwendigkeit und Überzeugung", erklärte sie. Der Zeitpunkt der Ausstellung sei zudem gut getroffen, da die Debatte rund um Frauen am Gewehr auch aktuell wieder bei den Tiroler Schützen thematisiert bzw. debattiert wird.
Männlich geprägte Archivpraxis
Buchroithner betonte, sie habe noch nie so viel "akribische Arbeit, Recherchen und Quellensuche" in eine Ausstellung gesteckt. Aufgrund einer sehr männlich geprägten Archivpraxis - etwa bei Berufsbezeichnungen -, aber auch weil es so schwer war, gute Quellen zu finden. Teils seien Quellen widersprüchlich oder propagandistisch gefärbt. Nur in Ausnahmefällen handle es sich etwa um Originalquellen, das meiste sei hingegen im Laufe der Geschichte abgeschrieben worden.
Ein rares Original sei etwa ein Aufruf Andreas Hofers, Frauen für Schanzenbauten am Bergisel zu mobilisieren. "Da werden die Gemeinden im Stubaital von Andreas Hofer aufgerufen, auch 'Weibsbilder' in die Schlacht am Bergisel zu schicken", berichtete Buchroithner. Weitere Originale seien etwa frühe Darstellungen, die Frauen "nicht nur als Marketenderinnen, sondern auch als aktive Kämpferinnen" zeigten. Eine der bekanntesten dieser kämpfend dargestellten Frauen sei jedenfalls das "Mädchen von Spinges" - in der Literatur auch als Katharina Lanz bezeichnet. Sie sei als eine der wichtigsten Symbolfiguren des Widerstands während der Tiroler Freiheitskämpfe glorifiziert worden.
Biografien "untypischer" Frauen der Zeit
Auch weitere Frauen, die in dieser Zeit "abseits ihrer typischen Geschlechterrolle" aktiv waren - etwa Anna Jäger, oder die Tagebuch führende Baronin Therese von Sternbach - werden vorgestellt, betonte die Kuratorin. Oder die beiden "Ur-Marketenderinnen oder "Pin-ups" der Zeit", Zenzi Friedrich und Therese Zöttl, sowie die 'queere' Künstlerin Stephanie Hollenstein, die 1915 als Stephan an der Südfront war, und Viktoria Savs würden im Rahmen der Ausstellung behandelt. Beide hätten später "mit den Nationalsozialisten sympathisiert", erzählte Buchroithner.
"Ich bin mit Euphorie gestartet und bei akribischer Recherche gelandet", resümierte die Kuratorin. "Jede Biografie hat mich überrascht - und manchmal enttäuscht, wenn sich Spuren zersetzten." Ihr Ziel sei es jedenfalls, "Frauen als sichtbare Akteurinnen" der Geschichte zu zeigen - "nicht als Staffage".
(S E R V I C E - Ausstellung "Hosenrolle? Frauen im Porträt von 1809 - 1918" im Kaiserjägermuseum am Innsbrucker Bergisel. Von 17. Oktober 2025 bis 2. Juni 2026. Mittwoch bis Montag 9.00 bis 17.00 Uhr. https://www.tiroler-landesmuseen.at)