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Umfrage im Darknet: Viele Jugendliche schauen sich Missbrauch an

Oftmals bleibt es nicht beim Betrachten von Kindesmissbrauch. Danach wird der direkte Kontakt zu Opfern gesucht.

Die internationale Kinderschutzorganisation Protect Children hat im Darknet eine Umfrage bei Menschen durchgeführt, die am Computer den sexuellen Missbrauch von Kindern konsumieren. Von insgesamt 400.000 befragten Usern haben 23.000 in 21 Sprachen geantwortet. Die "bahnbrechende Studie" wurde am Donnerstag online von ECPAT, einem Netzwerk zum Schutz der Rechte der Kinder vor sexueller Ausbeutung, präsentiert. "Die Täterprofile werden immer jünger. Schon Kinder kommen sehr früh und unabsichtlich mit dem illegalen, gewalttätigen Material in Kontakt", erklärte Thomas Müller, Direktor von ECPAT International mit Sitz in Thailand.

Viele suchen später den direkten Kontakt zu Kindern

66 Prozent der Befragten seien demnach unter 18 Jahren erstmals mit Darstellungen von Kindesmissbrauch in Berührung gekommen. 40 Prozent genügen Bilder allein bald nicht mehr, sie suchen den Kick, indem sie Livestream schauen - zumeist, wie weibliche Opfer vergewaltigt oder sonst sexuell misshandelt werden. Übrigens schauen doppelt so viele der Befragten den Missbrauch von Mädchen als von Buben. Eine weitere erschütternde Erkenntnis aus der Darknet-Studie: 42 Prozent der Befragten, die zunächst Missbrauchsdarstellungen angeschaut haben, suchen später über Onlineplattformen direkten Kontakt zu Kindern. "Fast jeder Zweite hat seinem Drang nachgegeben und seine Fantasien in die Tat umgesetzt. Der Konsum und echte Kontaktverbrechen korrelieren", hielt Müller in seiner Stellungnahme fest. Das sind fast 10.000 Befragte, die offen zugeben, dass sie ihre pädophile Neigung auch ausleben. Laut Müller haben 1 bis 3 Prozent der Männer weltweit pädophile Interessen, das sind 40 Millionen - und jedes fünfte Kind werde Opfer von sexueller Gewalt.

Weltweit 80 Millionen Dateien von Kindesmissbrauch im Umlauf

Darstellungen von Kindesmissbrauch stiegen exponentiell an. Seien 2014 in Europa noch eine Million Bilder und Videos im Umlauf gewesen, seien es nunmehr 20 Millionen, sagte Astrid Winkler, Geschäftsführerin von ECPAT Österreich. Und weltweit 80 Millionen. Sie fordert eine gesetzliche Regelung zur Online-Kindersicherung auf EU-Ebene, "um dem kriminellen Treiben Einhalt zu gebieten".

Das Kinderschutznetzwerk unterstützt den Vorschlag einer EU-Verordnung vom Mai 2022, bei dem es um Vorschriften zur Verhinderung und Bekämpfung sexuellen Missbrauchs an Kindern geht. "Wir wollen keine blinde Überwachung jeder privaten Kommunikation im Netz, sondern ein gezieltes Scannen von Verbrechen mithilfe entsprechender Software", so Müller. Auch Winkler zufolge soll das Regelwerk eine Balance schaffen zwischen Privatsphäre und Sicherheit.