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"Waffen" gegen entzündliche Fettleber vor der Tür

Im Kampf gegen die oft mit dramatischen Folgen verbundene entzündliche Fettlebererkrankung (MASH) - eine der häufigsten Ursachen für Leberzirrhose und Leberkrebs - gibt es jetzt auch hierzulande Hoffnung. Es sei davon auszugehen, dass schon bald hochwirksame Präparate wie das Medikament Resmetirom als auch die Abnehmspritzen Ozempic und Wegovy dagegen eingesetzt werden können, sagte der Tiroler Spitzenmediziner Herbert Tilg im APA-Interview: "Zwei Waffen sind jetzt da."

Erfreuliches zur entzündlichen Fettleber kommt aus Innsbruck
Erfreuliches zur entzündlichen Fettleber kommt aus Innsbruck

"Jetzt können wir was tun. Das ist ein Wendepunkt, ein Neustart. In Zukunft kann diese Krankheit wirksam bekämpft werden", betonte der international renommierte Top-Gastroenterologe und Direktor für Innere Medizin I an der Innsbrucker Universitätsklinik. Resmetirom sei bereits im vergangenen Jahr in den USA - nach einer großen, internationalen, klinischen Studie - zugelassen worden, so Tilg. Nach einem Jahr Einnahme des Medikaments habe man gesehen: Es verbessert sich die Bindegewebsbildung in der Leber, die Entzündung gehe zurück. "Es ist die erste wirksame Therapie, die die Medizin in diesem Bereich definiert hat", erklärte der Experte. Es handle sich um ein "ideales Medikament für diese Lebererkrankung": "Und es verbessert auch den Stoffwechsel." Mit August wurde das Medikament auch in der EU zugelassen. Tilg, der national wie international federführend in diesem Bereich forscht, rechnete mit dem flächendeckenden Einsatz in Österreich im kommenden Jahr.

Auch Spritzen gegen MASH

Ebenso wirksam gegen MASH (ehemals NASH - nichtalkoholische Steatohepatitis) seien die Abnehmspritzen Ozempic und Wegovy, die beide den Wirkstoff Semaglutid enthalten. Dieser war ursprünglich zur Behandlung von Diabetes Typ 2 entwickelt worden, hilft aber auch beim Abnehmen. Auch hier gebe es eine "weltweite Riesenstudie", die eine "Verbesserung der Fettlebererkrankung mit Entzündung und einer Fibrose (fortschreitende Leberverfettung mit Vernarbung, Anm.) gezeigt habe, unterstrich Tilg. Derzeit zahle die Gesundheitskasse die Therapie mit den Spritzen nur bei Diabetes. Mittlerweile steige aber der Druck, es breit in der Behandlung, auch von MASH, einzusetzen. Tilg rechnete auch hier mit einer baldigen Therapiemöglichkeit bzw. Anwendung. Dabei wird ein Medikament gespritzt, welches das "menschliche GLP1" nachahmt - von dem Menschen in bestimmten Situationen zu wenig haben, das aber die Gesundheit der Leber positiv beeinflussen kann.

Natürlich könne man noch nicht von einer 90-prozentigen oder gar 100-prozentigen Wirksamkeit des Medikaments und der Spritzen sprechen, meinte Tilg. Aber die Studien hätten gezeigt, dass es in 30 bis 40 Prozent der Fälle zu einer "hochsignifikanten Verbesserung" gekommen sei. Miteinergehen müsse mit der Therapie natürlich auch eine "Änderung des Lebensstils" - vor allem im Falle des häufigen Übergewichts natürlich eine signifikante Gewichtsabnahme und eine entsprechende Ernährung. "Gewichtsabnahme ist eine sehr potente, entzündungshemmende Maßnahme", so Tilg. Medikamente wie Semaglutid unterstützen natürlich sehr eine solche Gewichtsabnahme.

"Quantensprung letztes Jahr und heuer"

Jedenfalls habe man es mit einem "Quantensprung" zu tun, der im vergangenen Jahr und heuer hinsichtlich der künftig möglichen Behandlung von Patienten mit entzündlicher, chronischer Fettlebererkrankung vonstatten gegangen sei, freute sich der Klinikdirektor. "Wir haben Medikament und Spritzen noch nicht angewendet. Aber wir werden es in Zukunft hoffentlich tun können."

Zudem bestätige sich mittlerweile eine These, die er bereits vor 15 Jahren aufgestellt habe: Eine entzündliche Fettleber entstehe durch Signale außerhalb der Leber. "Diese haben die Leber als Ziel und zerstören sie." Die Wirksamkeit der nun vorhandenen Medikamente decke sich "perfekt" mit dieser These, erklärte Tilg.

Fettlebererkrankungen zu 20 Prozent entzündlich

Die entzündliche und überaus gefährliche Form der Fettlebererkrankung ist jedenfalls die seltenere "Variante" von "MASLD" - der Fettlebererkrankungen bedingt durch eine Stoffwechselstörung. "80 Prozent der Betroffenen haben "nur eine Fettleber, aber keine Entzündung", schilderte Tilg. Mit einer reinen Fettleber "kann man alt werden", im Falle einer Entzündung seien die wahrscheinlichen Folgen aber fatal: Vernarbung, Leberzirrhose und im äußersten Fall schließlich möglicher Leberkrebs.

90 Prozent der "MASLD"-Patienten seien übergewichtig - demzufolge spiele dies auch bei Entzündungen eine signifikante Rolle. Zu "MASH" bzw. Entzündungen würden jedenfalls auch "pro-entzündliche Nahrung, bestimmte Fette, die Genetik und Darmkeime" beitragen, erläuterte der Topmediziner. Auch Alkohol treibe im Falle von Fettleber natürlich die Entzündung an und wirke "wie Feuer": Wenn sich MASLD und Alkohol treffen, wird auch Krebs wahrscheinlicher."

Ein Drittel der Weltbevölkerung weise Fettleber bedingt durch eine Stoffwechselstörung, also "MASLD", auf, so Tilg. Auf Österreich umgerechnet seien dies drei Millionen Menschen. "MASLD" sei auch die Hauptursache für Leberkrebs - "eben weil es in absoluten Zahlen viele trifft."

Fettleber überwiegend Stoffwechselerkrankung

Auch generell lasse sich eine Aussage zu Fettleber treffen: Zum größten Teil sei diese auf eine "reine Stoffwechselerkrankung bzw. reines Übergewicht" zurückzuführen. Hinzukomme eine "Mischform" aus ebendieser und Alkohol, dann wird die Leber noch schneller krank. Langdauernder Alkoholkonsum führt in allen Fällen zu einer Fettleber.