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Wien stellt minderjährigen Tätern Buddies zur Seite

Minderjährige Straftäter erhalten in Wien künftig Begleitung - in Form von "Buddies". Dabei handelt es sich um professionell ausgebildete Betreuer, die regelmäßigen Kontakt zu den Kindern halten, wie Bildungs- und Jugendstadträtin Bettina Emmerling (NEOS) am Montag im Rahmen einer Pressekonferenz berichtete. Das Projekt mit dem Titel "Orientierungshilfe" startet im Oktober. Es soll ein weiteres Abrutschen der Kids in die Kriminalität verhindern.

Das Projekt startet im Oktober
Das Projekt startet im Oktober

Die Orientierungshilfe solle den Kindern genauso wie der Gesellschaft Schutz bieten, hielt die Ressortchefin fest. Im Fokus stehen dabei junge Menschen, die noch keine 14 Jahre alt sind, aber bereits durch einschlägige Delikte aufgefallen sind. Umgesetzt wird die Initiative vom Verein "Rettet das Kind". Dieser konnte eine entsprechende Ausschreibung für sich entscheiden.

"Beziehung auf Augenhöhe"

Die betroffenen Kinder würden oft aus zerrütteten Familien kommen, oft seien sie überhaupt auf sich alleine gestellt, hieß es heute. Die Bezugspersonen seien dabei etwa überforderte alleinerziehende Mütter oder auch suchtkranke Eltern. Auch junge traumatisierte Flüchtlingsburschen, die Taten verübt haben, gehören laut Rathaus zur Zielgruppe. Gefährdete Kinder sollen frühzeitig gestärkt werden, erläuterte Emmerling: "Es geht darum, eine Beziehung auf Augenhöhe aufzubauen."

Johannes Köhler, der Abteilungsleiter der MA 11 (Kinder- und Jugendhilfe), schätzt, dass es rund 30 bis 40 minderjährige Intensivtäter in Wien gibt. Meist handelt es sich dabei um zwölf- bis 13-jährige Buben, die gerade ihre kriminelle Karriere begonnen haben. In Zukunft sollen Betroffene von Buddies betreut werden. Dies solle den Kindern eine Perspektive bieten. "Denn man kommt nicht als Intensivtäter auf die Welt", gab Köhler zu bedenken.

Ausflüge und Gespräche

Davon ist auch der "Rettet das Kind"-Geschäftsführer Christian Reiner überzeugt. "Wir gehen davon aus, dass erlerntes Verhalten auch wieder verlernt werden kann." Viele hätten Missbrauch oder Gewalt in der Familie erlebt. Der Buddy soll dem Jugendlichen ein besseres Umfeld bieten. Geplant sind etwa gemeinsame Ausflüge. Auch das Kind in die Schule zu bringen bzw. es von dort abzuholen, kann Teil der Betreuung sein. Zugleich kann aber auch über die Taten - und die Auswirkungen auf die Opfer - gesprochen werden.

Mindestens drei Mal pro Woche soll ein Kontakt stattfinden. In einem ersten Schritt wurden vier erfahrene Sozialarbeiter bzw. Sozialpädagogen für die Aufgabe ausgewählt, führte Reiner aus. Weiteres Personal soll aufgenommen werden. Die Betreuung soll ein Jahr dauern, in der ersten Phase können bis zu 20 Kinder hier einbezogen werden. Die Kosten für das Projekt wurden mit 500.000 Euro beziffert.

Die Teilnahme basiert auf Freiwilligkeit. Eine positive Beeinflussung könne nicht erzwungen werden, wurde versichert. Die Bezugspersonen der Betroffenen sollen aber ebenfalls einbezogen werden. Das bedeutet nicht, dass es keine Konsequenzen für Obsorgeberechtigte geben kann, wie betont wurde. Maßnahmen, die bis zum Entzug des Sorgerechts gehen, seien prinzipiell immer möglich, hieß es.

In der MA11 hofft man, dass durch die Maßnahme auch der Kreis jener kleiner wird, die in geschlossenen Einrichtungen angehalten werden müssten - so bald es diese Möglichkeit gibt. Derzeit werde hier eine bundesweite Regelung erarbeitet, erläuterte Abteilungsleiter Köhler. Gleichzeitig werde in Wien nach Orten gesucht, wo eine derartige Einrichtung umgesetzt werden könnte.