Die Quantentechnologie gilt als zukunftsweisend, doch sie kämpft mit einem grundlegenden Problem: der extremen Störanfälligkeit. Die Universität Salzburg ist nun Teil eines neuen internationalen Forschungsprojekts, das dieses Problem lösen will. Das WSS-Forschungszentrum für molekulare Quantensysteme, eine Kooperation mit den Universitäten Basel und Bern, wird von der Werner-Siemens-Stiftung elf Jahre lang mit insgesamt 15 Millionen Schweizer Franken (rund 16,2 Millionen Euro) gefördert.
"Ein quantenmechanischer Zustand ist oftmals empfindlich, wenn er mit der Umgebung in Kontakt kommt. Er verliert seine Kohärenz und ist damit nicht mehr für quantenmechanische Operationen nutzbar", erklärt Ernst Meyer von der Universität Basel das Grundproblem. Die Lösung sehen die Forscher in sogenannten topologischen Quantenbits. "Ein Gegenmittel ist der topologische Schutz, welcher dank Kopplung an Symmetrien den quantenmechanischen Zustand besser schützt und stabiler gegen Störungen macht."
Die Salzburger Forschungsgruppe um Ulrich Aschauer bringt ihre Expertise in der theoretischen Berechnung ein. "Die theoretischen Berechnungen dienen erstens als Bindeglied zwischen der chemischen Forschung in Bern und der physikalisch experimentellen Forschung in Basel. Zweitens liefern die Berechnungen Parameter für die Theorie der topologischen Eigenschaften. Und drittens erlauben die Berechnungen eine Vorauswahl der vielversprechendsten zu synthetisierenden Moleküle." Die praktische Umsetzung erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen den drei Unis. "Wir untersuchen die Moleküle auf Oberflächen mit Mikroskopen. Uli Aschauer berechnet dann, welche die energetisch günstigsten Konfigurationen auf der Oberfläche sind", sagt Meyer.
Shi-Xia Liu aus Bern betont den interdisziplinären Charakter: "Die Einzigartigkeit unseres Forschungsansatzes besteht darin, dass wir chemische und physikalische Methoden in enger Abstimmung miteinander einsetzen, weil wir molekulare topologische Qubits als neues Konzept realisieren wollen." Ihr Team synthetisiert neuartige molekulare Verbindungen, die dann in Basel auf supraleitende Trägermaterialien aufgebracht werden.
Die Salzburger Theoriegruppe untersucht die Wechselwirkung dieser Moleküle mit dem supraleitenden Material. "Die gewonnenen Erkenntnisse liefern dem Syntheseteam wichtige Rückschlüsse bezüglich möglicher Variationen der molekularen Verbindungen", erklärt Liu. "Die Tatsache, dass sich die beiden Teams bereits seit Jahren kennen, hat dazu beigetragen, das gegenseitige Verständnis zu optimieren." Langfristig könnte diese Forschung den Weg zu Quantencomputern ebnen, die Probleme wie Klimamodellierung oder medizinische Simulationen lösen. "Wir sind bereits umgeben von Anwendungen, die auf quantenmechanischen Prinzipien beruhen", sagt Ulrich Aschauer. "Von aktuell entstehenden Technologien sind sicherlich abhörsichere Quantenkommunikationsnetzwerke und der Quantencomputer sehr vielversprechend."
Für die Uni Salzburg bedeutet das Projekt einen Entwicklungsschritt. "Ein Projekt dieser Größe und Laufzeit ermöglicht es, sich in dieser zukunftsweisenden Forschungsrichtung zu etablieren", betont Aschauer. Die benötigte Infrastruktur werde im Zuge des Projekts "Salzburg Collaborative Computing" kontinuierlich ausgebaut.