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FH Vorarlberg-Projekt macht Brustkrebsvorsorge alltäglich

Das Interreg-Projekt "MammAware" will Brustkrebsvorsorge alltagstauglich machen. "Vorsorge soll kein Einzelkampf sein", so Projektleiter Hubert Jocham von der FH Vorarlberg. Im Zentrum stehen dabei die Entwicklung von Virtual-Reality-Anwendungen (VR), die bei der Selbstuntersuchung unterstützen, sowie die bessere Schulung von Fachpersonal durch die digitale Darstellung von Tastuntersuchungen speziell ausgebildeter Frauen mit Sehbehinderung, sogenannter "Discovering Hands".

Früherkennung ist bei Brustkrebs entscheidend
Früherkennung ist bei Brustkrebs entscheidend

Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Früherkennung ist entscheidend, dennoch gehen in Vorarlberg nur 36 Prozent zur Vorsorge. Viele führten die regelmäßige Selbstuntersuchung der Brust aus Angst oder fehlendem Bewusstsein nicht durch. Selbst bei der ärztlichen Vorsorge komme das Abtasten oft zu kurz, vielen Frauen wurde es nie richtig gezeigt. Damit Vorsorge wirken kann, müsse sie aber richtig durchgeführt und in den Alltag integriert werden. Das dreijährige EU-Forschungsprojekt MammAware des Forschungszentrums Human Centred Technologies (HCT) an der FH Vorarlberg will genau da ansetzen: "Wir wollen Frauen wachrütteln", betonte Pflegewissenschafter Jocham im APA-Gespräch.

VR-Brillen mit Schulungsprogramm zur Brustuntersuchung

Mit dem 500.000 Euro schweren Forschungsbudget sollen unter anderem 50 VR-Brillen angeschafft werden, über die ein an der FH entwickeltes Schulungsprogramm das richtige Abtasten der Brust lernen hilft. Die Brillen sollen über Praxen oder Brustzentren verliehen werden. Interessierte können damit zuhause in Ruhe die richtige Technik lernen, so lange bis sie sich dabei sicher fühlen. Es sei "ein bisschen wie Fahrradfahren lernen, man muss es einüben", erklärte Jocham. Eine zweite Anwendung, die "VR-Box", führt direkt am eigenen Körper durch die Untersuchung. Männer sind übrigens mitgemeint: "Schließlich kann auch einem Mann an der Brust der Partnerin eine Veränderung auffallen", so der Wissenschafter, zudem sei ein Prozent der Brustkrebspatienten männlich.

Sehbehinderte Frauen im Einsatz zur Früherkennung

Weiters steht man in Kooperation mit der deutschen Organisation "Discovering Hands". 2007 hatte der Gynäkologe Frank Hoffmann die Idee, den sensiblen Tastsinn blinder und sehbehinderter Frauen für die Brustkrebsfrüherkennung zu nutzen. Diese Frauen können nach Schulung zur "Medizinisch taktilen Untersucherin" (MTU) Veränderungen im Gewebe früher ertasten als viele Ärzte und Ärztinnen, die dann den Befund stellen und die weitere Behandlung übernehmen. "Discovering Hands" ist in Pilotprojekten auch in Österreich im Einsatz, etwa in Wien. Laut Jocham wäre geplant, im Endausbau in Vorarlberg bzw. über das Brustzentrum Friedrichshafen (Baden-Württemberg) vier bis fünf solche Frauen auszubilden und anzustellen.

Brustgesundheitskurse in Unternehmen

Mit diesen Spezialistinnen will man auf mehreren Ebenen ansetzen: Zur Verbesserung der Schulung von medizinischem Fachpersonal, werden ihre Tastuntersuchungen im Rahmen von MammAware digital dargestellt und so nachvollziehbarer. Die Frauen geben ihr Wissen außerdem über Kurse im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements in Unternehmen, über Arztpraxen oder als Selbstständige weiter bzw. können sie für Tastuntersuchungen gebucht werden. Die bisherigen Erfahrungen aus zwei Betrieben in Vorarlberg damit beschrieb Jocham als sehr gut, "die Plätze waren schnell ausgebucht". Interessierte Unternehmen könnten sich melden.

Vereinzelte Vorbehalte im medizinischen Bereich wichen mit der Zeit der Erkenntnis, "dass Brustgesundheit eine gemeinsame Aufgabe ist", war Jocham überzeugt. Nicht zuletzt würde der Einsatz von "Discovering Hands" und der VR-Anwendungen eine Entlastung für Ärzte und Ärztinnen bedeuten und eine Ergänzung zu bisherigen Angeboten. Eine Möglichkeit, MammAware kennenzulernen, ist beim Aktionstag Brustgesundheit am 16. Oktober in der FH Vorarlberg. Projektpartner sind die Österreichische Krebshilfe Vorarlberg, Discovering Hands, der Medizincampus Bodensee und das VR-Unternehmen Kabetec.

(S E R V I C E - Projekt MammAware im Internet unter https://mammaware.eu, Aktionstag Brustgesundheit am 16. Oktober, 15.00 - 19.00 Uhr, Fachhochschule Vorarlberg in Dornbirn, Gebäude A, Aula, Eintritt frei)