Die im Journal „PNAS“ veröffentlichten Erkenntnisse könnten die Annahmen über die Entwicklung der Photosynthese auf unserem Planeten weit nach hinten verschieben. Man sehe neue, uralte „Fingerabdrücke“ oder „Echos des Lebens“, die bisher verborgen geblieben waren.
An der weitverzweigten Studie um Robert Hazen von der Carnegie Institution for Science in Washington, DC (USA) war u.a. auch Marko Bermanec vom Institut für Erdwissenschaften der Universität Graz mit beteiligt. Der Hintergrund ist, dass sich die Suche nach sehr frühen Spuren des Lebens besonders schwierig gestaltet. Angesichts des unglaublichen Alters vieler fossiler Zeugen aus der Vergangenheit ist die Chance extrem hoch, dass sie von den sehr langsam, aber stetig ablaufenden, tiefgreifenden Veränderungen in der sich bewegenden Erdkruste gequetscht, verformt, aufgeheizt und zerrieben und somit einer wissenschaftlichen Analyse entzogen werden. Als älteste Nachweise erster, einfacher Lebensformen gelten zu Stein gewordene urzeitliche Zellen und von einer Unzahl an Mikroben hinterlassene Strukturen. Diese sind ebenso selten wie alt - Forscher datieren sie auf rund dreieinhalb Milliarden Jahre vor unserer Zeit, heißt es in einer Aussendung von Carnegie Science zu der aktuellen Arbeit.
Indirekter Blick ins Innere der Steine
Die Idee dahinter war es, auch mittels neuer Möglichkeiten des maschinellen Lernens bzw. der Künstlichen Intelligenz (KI) den Blick auf Hinweise auf uraltes Leben auch in Proben zu schärfen, in denen optische Methoden versagen. Um KI für die Suche nach winzig kleinen und unspezifischen Hinweisen fit zu machen, wurde sie mit Gas-Chromatographie- und Massenspektrometrie-Daten von 406 Proben aus unterschiedlichsten Epochen der Erdgeschichte gefüttert. Darunter waren Proben von Tieren, Pflanzen und Pilzen, Versteinerungen, beispielsweise von Holz, kohlenstoffreiches Meteoritengestein, von dem angenommen wird, dass es den Steinen auf der Ur-Erde rund um die Entstehung des Lebens ähnelt, aber auch künstlich hergestellte organische Materialien sowie Millionen bis Milliarden Jahre alte Gesteinsablagerungen unbekannten Ursprungs.
Als Leitmotiv diente die Theorie, dass Leben bestimmte Molekülverteilungen in kohlenstoffhaltigen Strukturen hinterlässt, die sich von den üblichen Verteilungen unterscheiden, weil es auf bestimmte Moleküle in größerer Menge angewiesen ist. Diese chemischen Signaturen wären dann auch noch nachweisbar, wenn die biologischen Moleküle schon lange nicht mehr erkenntlich und im Inneren von extrem alten Steinen eingebettet sind.
Ab wann gab es Photosynthese?
Mit den verschiedensten chemischen Signaturen bzw. Mustern - sozusagen von den Ausdünstungen der Proben - wurde dann das KI-System trainiert. Es sollte lernen, auf Basis dieser sehr rudimentären Informationen auf das ursprüngliche Objekt rückzuschließen. So „erkannte“ das KI-Modell mit bis zu 98-Prozent-Wahrscheinlichkeit, ob es mit einem Material zu tun hatte, das auf Leben basierendes organisches Material beinhaltet. Ob es in einer Probe Rückstände eines Organismus gibt, der irgendwann einmal Sonnenlicht in Energie umgewandelt - also Photosynthese betrieben - hat, wurde zu 93 Prozent richtig erkannt, berichten die Forschenden.
In einigen Proben mit mehr als biblischem Entstehungsalter vor rund 3,3 Milliarden Jahren fand die KI „starke Hinweise“ auf einst dort vorhandenes Leben - ein Befund, der mit anderen Methoden nicht zustande gekommen wäre. Hinweise auf Photosynthese gab es laut den Forschern bereits in Fels-Proben aus Südafrika, die vor rund 2,5 Mrd. Jahren geformt wurden. Der bis dato älteste Fund, der mit Photosynthese in Verbindung gebracht wird, sei rund 800 Millionen Jahre jünger, berichtet das Team. Das könnte wiederum Vorstellungen darüber verändern, wann die Atmosphäre unseres Planeten durch sauerstoffproduzierende Lebensformen umgeformt wurde.
