"Alle Kinder dieser Welt sind gleich - fröhlich, und in der Seele weich. Doch nicht alle sind gleich gut genährt, obwohl sich das eigentlich so gehört. (…) Das eine trägt ein neues Kleid, das andere friert - und ruft nach Zärtlichkeit. (…) Ach, gäbe es doch einen Planeten weit, auf dem lebten alle Kinder - ohne Leid."
Ein am Balkan berühmter Videoclip aus dem Jahr 1983 zeigt den damals fünfjährigen Voja in einer serbischen Fernsehsendung, wie er ein Gedicht vorträgt, das seine Kindergärtnerin für ihn schrieb. Zu sehen ist ein kleiner Junge, der seine Wut und Traurigkeit nicht verbergen kann, als er die Zeilen vorträgt.
Dass Kinder weltweit mit Armut und Leid konfrontiert sind, war weder damals noch heute eine Neuigkeit. Kriege wie jener in der Ukraine oder im Nahen Osten, aber auch Naturkatastrophen, die sich häufen, lassen täglich verletzte, hungrige, traumatisierte Kinder zurück. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist derzeit eines von sechs Kindern weltweit auf der Flucht. "Um auf diese Herausforderung zu reagieren, wurde das Programm zur sogenannten pädiatrischen Katastrophenmedizin gemeinsam mit der Salzburger Paracelsus Medizinischen Universität ins Leben gerufen. Die spezialisierte Betreuung von Kindern in Notfällen soll eine entscheidende Lücke in der Katastrophenvorsorge schließen", erklärt Sevan Gerard, Generalsekretär des Weltverbands für Katastrophen- und Notfallmedizin (WADEM-EU) und Leiter des pädiatrischen Programms an der PMU. Das Angebot, an dem auch andere Institutionen beteiligt sind, richte sich an öffentliche Gesundheitseinrichtungen sowie an Fachkräfte verschiedener Berufsfelder und sei das erste krisenmedizinische Programm dieser Art abseits der Vereinigten Staaten, sagt Gerard. Im Zuge von spezialisierten Kursen an der PMU, etwa der Winter School, würden einschlägige Weiterbildung, Forschung und Ideenentwicklung geboten.
"Kinderkörper reagieren aus medizinischer Sicht anders auf Trauma, Hitze, Kälte, Dehydration und Gifte." Psychologisch seien sie also anfälliger für Traumata und langfristige Auswirkungen - "insbesondere, wenn sie von ihren Familien oder Betreuerinnen und Betreuern getrennt werden", sagt Gerard. Auch logistische Herausforderungen würden sich aus dem Bedarf an altersgerechter Ausrüstung und Medikamenten ergeben sowie aus den strategisch komplizierten Wiedervereinigungen von Familien während einer Evakuierung.
"Es geht uns nicht nur darum, ein krankes oder verletztes Kind zu behandeln, sondern auch darum, Systeme zu gestalten, die es nicht zurücklassen", betont Gerard. Es gehe darum, Präventionsmaßnahmen zu setzen, anstatt eine reaktive Politik zu verfolgen, welche erst handelt, wenn die Katastrophen schon eingetreten sind. Dies betreffe nicht nur die Finanzierung, sondern auch eine langfristige Planung von Strategien zur Bewältigung von Katastrophen, sagt Gerard. Kinder seien einer Vielzahl von Vulnerabilitäten ausgesetzt, die in der Katastrophenplanung oft vernachlässigt würden. Das möchte die internationale Forschungsinitiative gemeinsam mit Salzburg ändern. "Österreich kann eine dringend benötigte Führungsrolle in der weltweiten Gesundheitsstrategie zur pädiatrischen und allgemeinen Katastrophenmedizin übernehmen", glaubt Gerard.