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75 Jahre UKW-Radio in Deutschland

Am 28. Februar 1949 - also fast drei Monate vor Gründung der Bundesrepublik - ging der erste UKW-Sender in München-Freimann auf Sendung. Einen Tag später wurde eine Anlage in Hannover in Betrieb genommen.

 Bleibt abzuwarten, ob die Ultrakurzwelle ihren 100. Geburtstag noch erleben wird.ARCHIV
Bleibt abzuwarten, ob die Ultrakurzwelle ihren 100. Geburtstag noch erleben wird.ARCHIV

Die Ultrakurzwelle (UKW) war Notgeburt und Glücksfall zugleich. Bis über den Zweiten Weltkrieg hinaus hatte die Übertragung per Mittelwelle und Langwelle die Radiolandschaft in Europa beherrscht. Nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes hatten die Deutschen aber buchstäblich nur noch wenig zu melden. "Deutschland war Kriegsverlierer und wurde bei der Beratung und der Vergabe von Mittel- und Langwellen außen vor gelassen", wie der Historiker und Kurator Florian Schütz der dpa 2020 anlässlich der Berliner Ausstellung "On Air. 100 Jahre Radio" sagte. "Dann hat man sich in Deutschland überlegt: Wir müssen einen technologischen Workaround finden, damit wir weiterhin über ausreichend Frequenzen verfügen. Und da hat man dann auf die Ultrakurzwelle zurückgegriffen, die es in technischen Versuchen schon gab, man aber noch nicht für öffentlichen Rundfunk eingesetzt hatte."

Auch wenn die geografische Reichweite der einzelnen Sender nicht sehr groß war: "Die Ultrakurzwelle bescherte dem Radio einen Qualitätssprung mit deutlich besserer Klangqualität", so die deutsche Gesellschaft zur Förderung der Unterhaltungselektronik (gfu) über die 50er Jahre. "Die UKW-Übertragung verwendet die sogenannte Frequenzmodulation (FM). Sie verbreitet die Radiosignale mit weniger Störungen und besserem Frequenzgang als die bis dahin auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle verwendete Amplituden-Modulation (AM)." Aber hier geht es natürlich um den Qualitätsanspruch der Adenauerzeit, nicht um das Heute. "Die neuen digitalen Radios ersetzen zunehmend die veraltete analoge UKW-Technik", erklärte gfu-Geschäftsführerin Sara Warneke dieser Tage.

Die Statistiken sprechen eine klare Sprache: UKW ist auf dem Rückzug, wenn auch noch auf einem sehr hohen Niveau. 2013 war ein Gerät mit Ultrakurzwelle noch in 78,6 Prozent der deutschen Haushalte der meistgenutzte Radioapparat. Im vergangenen Jahr war das nur noch in 53,0 Prozent der Haushalte der Fall. Das besagen die "Audiotrends 2023" der Landesmedienanstalten. "Gut ein Drittel hingegen nennt bereits einen digitalen Empfangsweg als meistgenutzten Zugang zum Radioprogramm", steht in diesem Bericht zu lesen. Ganz genau sind es 34,4 Prozent. "Sofern es sich um einen Digitalhaushalt handelt, also ein Digitalradio vorhanden ist oder zumindest gelegentlich Webradio gehört wird, nutzt mehr als die Hälfte der Personen am häufigsten digitales Radio."

Außerdem gilt UKW-Technik bei den Betreibern als vergleichsweise teuer. Die öffentlich-rechtlichen Sender - allen voran das Deutschlandradio - setzen daher zunehmend auf Digital. Das bundesweite DAB+ Netz wurde in den vergangenen Jahren kräftig ausgebaut. "Bestand es zum Start am 1. August 2011 nur aus insgesamt 27 Senderstandorten, so werden die drei Programme von Deutschlandradio mittlerweile von fast 150 Sendern auf der bundesweit einheitlichen Frequenz 5C ausgesendet", erläutert die Senderfamilie auf ihrer Webseite. "Das bundesweite Netz versorgt aktuell gut 98 Prozent der Fläche in Deutschland mit mobilem Empfang."

Der digitale Ausbau wird mit der sukzessiven Abschaltung von UKW-Sendern einhergehen. "Wir werden uns auf Dauer zwei terrestrische Verbreitungswege nicht leisten können. Die Zeichen stehen deutlicher darauf als noch vor zwei, drei Jahren", prophezeite Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue schon 2022 im dpa-Interview. Sein Credo: "UKW ist eine Energiefress-Maschine." Bleibt abzuwarten, ob die Ultrakurzwelle ihren 100. Geburtstag noch erleben wird.