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Meditation kann chronischen Stress reduzieren

Meditation soll dabei helfen, gelassener und ruhiger zu werden. Forschern ist es nun gelungen, diesen Effekt auch objektiv zu belegen.

Mentales Training hilft gegen Langzeitstress.
Mentales Training hilft gegen Langzeitstress.

Stress ist in der heutigen schnelllebigen Welt allgegenwärtig. Der dadurch entstehende Druck belastet nicht nur das Wohlbefinden der Betroffenen, sondern hängt auch mit einer Reihe von physiologischen Erkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychischen Erkrankungen wie Depressionen zusammen.

Ein Wundermittel gegen Stress gibt es bis heute nicht. Als vielversprechend gelten seit Langem Methoden des Mentaltrainings wie etwa Meditationen: Sie sollen Fähigkeiten wie Achtsamkeit, Dankbarkeit oder Mitgefühl fördern. Deutsche Forschende haben nun einen objektiven Beleg dafür gefunden, dass diese Trainings tatsächlich wirken.

Das Problem bei vielen bisherigen Studien zu chronischem Stress: Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten im Anschluss an Achtsamkeitstrainings ihr Stresslevel selbst bewerten. "Wenn man die Menschen befragt, gibt es aber immer gewisse Verzerrungsmuster, etwa wenn ich ein bestimmtes Ergebnis für mich selbst erwarte", sagt Lara Puhlmann, Doktorandin am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig.

Deshalb war das Streben nach einer objektiven Messmethode groß. Gemeinsam mit anderen Forschenden ihres Instituts sowie der Forschungsgruppe Soziale Neurowissenschaften der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin wandte Puhlmann eine Methode an, mit der die Wirkung mentaler Trainings buchstäblich haarscharf gemessen werden konnte.

Dabei ermittelten sie die Belastung durch anhaltenden Stress anhand der Konzentration von Cortisol im Haar. Dieses Hormon wird ausgeschüttet, wenn man sich in einer stressbelasteten Situation befindet. Haare wachsen im Schnitt einen Zentimeter pro Monat. Je länger der Stress anhält, umso länger zirkuliert auch eine erhöhte Konzentration von Cortisol im Körper und desto mehr sammelt sich davon auch in den Haaren an. Will man also das Stresslevel der vergangenen Monate im Durchschnitt eruieren, kann man sich die ersten Zentimeter des Haars ansehen - beginnend bei der Kopfhaut.

Und das taten die Forscher. In einer Studie begleiteten sie Probanden über neun Monate hinweg. Die Teilnehmer unterliefen ein mentales Training, das von Tania Singer (Forschungsgruppe Soziale Neurowissenschaften) entwickelt wurde. Das Trainingsprogramm bestand aus drei Einheiten von je drei Monaten. Der Fokus lag dabei entweder auf den Faktoren Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, auf Mitgefühl und Dankbarkeit oder der Fähigkeit zur Perspektivenübernahme eigener und fremder Gedanken.

Drei Gruppen von je rund 80 Teilnehmenden absolvierten die Trainingsmodule in unterschiedlicher Reihenfolge. Trainiert wurde bis zu neun Monate, 30 Minuten täglich, sechs Tage die Woche. Dabei zeigte sich: Nach sechs Monaten Training war die Cortisolmenge in den Haaren der Probanden deutlich gesunken, im Schnitt um 25 Prozent. Die Effekte der ersten drei Monate verstärkten sich in den darauffolgenden Monaten. Im letzten Drittel blieb die Konzentration auf niedrigem Niveau.

In früheren Studien konnte bereits herausgefunden werden, dass mentales Training auf akute Stresssituationen einen positiven Einfluss hat. Die neuen Erkenntnisse zeigen, dass auch chronischer Alltagsstress dadurch reduziert werden kann.

Die Devise von Lara Puhlmann: dranbleiben. "Wir konnten sehen, dass mentales Training tatsächlich etwas bringt", sagt die Forscherin. "Um langfristig das Stresslevel zu reduzieren, reicht es aber nicht, wenn man nur ein Mal die Woche trainiert. Es muss sich eine gewisse Routine etablieren."