Liessmann ergründete ausgehend von den ersten Versen des Nibelungenlieds den Charakter des Abenteuers. "Im Abenteuer geht es um Menschen, die bereit sind, sich der Gefahr und dem Unabwägbaren, dem Unverfügbaren und dem Unbekannten, dem Unabsehbaren auszusetzen, und die diese Unbestimmtheit bewusst suchen und aufsuchen", stellte der Intendant fest. Beim Abenteuer locke die Verdichtung zweier widerstreitender Grunderfahrungen des Menschen - man erfahre "die Einheit von Souveränität und Ausgeliefertsein als einen besonderen Moment", so Liessmann. Aber es gelte auch: "Die Moderne als Lebensform versucht, das Unberechenbare, das Ungewisse, das Unverfügbare und damit das Abenteuerliche zu minimieren."
Wallner: Abenteuer braucht Verantwortungsbewusstsein
Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hob die Bedeutung des Philosophicums "als internationales Zentrum für philosophische, kultur- und sozialwissenschaftliche Reflexion" hervor. Abenteuer erforderten nicht nur den Mut, Grenzen zu überschreiten, sondern auch ein tiefes Verantwortungsbewusstsein - denn ohne Verantwortung drohe Chaos. In Zeiten tiefgreifender Veränderungen sei es entscheidend, das Unverfügbare als Chance zu begreifen und Verantwortung zu übernehmen, sagte Wallner.
Lech als Ort lebe nicht von Planbarkeit, sondern von seinem einzigartigen alpinen Charakter, sagte Bürgermeister Gerhard Lucian. Das diesjährige Thema des Philosophicums treffe das Wesen der Natur in den Bergen. "Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, dann waren es immer die Abenteuer, die mich geprägt haben - und oft auch Mut und Überwindung verlangten", bekannte Alt-Bürgermeister Ludwig Muxel als Obmann des Vereins Philosophicum Lech ein.
Zehn Referentinnen und Referenten
Als Referentinnen und Referenten kommen im Rahmen des Philosophicums die Philosophin Lisz Hirn und der Philosoph Robert Pfaller ebenso an den Arlberg wie Autorin Petra Ahne und Autor Christoph Ransmayr. Einblicke in ihr Schaffen und ihre Gedankenwelt zum Thema geben außerdem die Historiker Johannes Grethlein und Valentin Groebner sowie die Extrem-Bergsteigerin Evelyne Binsack, Astrophysiker Heino Falcke, Medizinerin Carmen Possnig und Museumsdirektor Klaus Albrecht Schröder. Am Remus-Impulsforum ("Europa: Spielplatz der Abenteurer?"), das bereits am Mittwoch stattfand, nahmen Norbert Bolz, Ewa Ernst-Dziedzic, Katja Gentinetta und Ulrike Guérot teil.
Ebenfalls bereits am Mittwoch - das ist Tradition - hatte Liessmann mit Autor Michael Köhlmeier unter dem Titel "Ins Ungewisse" ein Gespräch geführt, und auch am Dienstag war im Rahmen von "Philosophicum Dialogen" schon diskutiert worden. Am Freitag steht die Verleihung des mit 25.000 Euro dotierten Essay-Preises "Tractatus" an die deutsche Autorin Eva Weber-Guskar auf dem Programm. Die gebürtige Münchnerin erhält den Preis exemplarisch für ihr Werk "Gefühle der Zukunft. Wie wir mit emotionaler KI unser Leben verändern".