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Porträt des Physik-Nobelpreisträgers Anton Zeilinger: Triumph für "Mr. Beam"

Er ist chronisch neugierig, religiös und kein Bewohner des Elfenbeinturms: Porträt des Physikers Anton Zeilinger (77).

Der österreichische Physiker und Nobelpreisträger Anton Zeilinger.
Der österreichische Physiker und Nobelpreisträger Anton Zeilinger.

Er galt - analog zu Peter Handke - jahrelang als aussichtsreicher Kandidat aus Österreich für einen Nobelpreis. Er hat für die hochkomplexe Materie, in der er sich bewegt, eine überproportionale Popularität erreicht, sein Spitzname "Mr. Beam" ist massentauglich, vom Mainstream wurde er bisweilen auch "Quantenpapst" oder "Der Hexenmeister aus Wien" tituliert. Das alles ist Anton Zeilinger nicht gänzlich unangenehm, ist er doch einer, der früh schon den Elfenbeinturm der Wissenschaft zu verlassen trachtete und unter anderem auch Quantenphysik-Experimente 2012 auf der Weltkunstschau documenta 13 in Kassel zeigte. "Die hier präsentierten Experimente sind keine Kunstwerke. Die künstlerische Deutung derselben steht natürlich jedem frei", sagte Zeilinger einst im SN-Gespräch. Sein Ziel sei es, ein kunstinteressiertes Publikum für "ein paar grundlegende Phänomene zu interessieren".

Minutenlanger Applaus und ein Lächeln im Gesicht

Dienstagvormittag stand der 1945 in Ried im Innkreis geborene Anton Zeilinger auf dem Zenit seiner bisherigen Karriere, die 1963 mit dem Beginn des Physik- und Mathematikstudiums begonnen hatte. Seine Assistentin habe eine Anruferin, die unbedingt mit ihm sprechen wollte, nicht abwimmeln können, sollte Zeilinger später berichten. Die Frau sagte nicht, wer sie sei, aber das Telefonat sei aus Schweden gekommen. In einer ersten Reaktion zeigte sich Zeilinger - im positive Sinne - "irgendwie geschockt", am Nachmittag stand er in einer Pressekonferenz Rede und Antwort. Minutenlanger Applaus, der an Huldigungen eines Popstars erinnerte, zauberte ihm ein Lächeln ins Gesicht. Zeilinger dankte erst seiner Familie für die jahrelange Unterstützung: "Ich weiß, es war nicht immer leicht, weil mich die Physik so begeistert hat." Dank gab es auch für seinen Doktorvater Helmut Rauch, der in Wien ein Klima geschaffen habe, "wo man diese Dinge machen und nur seiner Neugier nachgehen konnte". Weiland von Journalisten gefragt, wozu seine Forschungen gut seien, antwortete Zeilinger: "Das ist für nichts gut. Das mache ich nur aus Neugierde." Von Rauch habe er gelernt, seiner Intuition immer zu vertrauen - "auch wenn diese manchmal verrücktspielt". Zitat des Nobelpreisträgers: "Man muss seinen Spinnereien ein bisschen vertrauen."

Auch ein Asteroid ist nach Zeilinger benannt

Aus den "Spinnereien" wurde Weltruhm, schon zu seinem 60. Geburtstag wurde der Asteroid 48681 nach Zeilinger benannt. Er absolvierte Auslandsaufenthalte in den USA, Frankreich, Australien und Deutschland, die Liste seiner Auszeichnungen ist lang und höchst prominent. So erhielt er unter anderem 2010 den Wolf-Preis für Physik - übrigens wie nun beim Nobelpreis gemeinsam mit Alain Aspect und John Clauser.

Er wollte immer wissen, wie etwas funktioniere, berichtete Anton Zeilinger am Dienstag. Was mit den von ihm zerlegten Puppen seiner Schwester begonnen hatte, sollte sich bei Photonen fortsetzen. Dass Zeilinger die Welt nicht nur materiell interpretiert, hat er immer wieder betont, Glaube und Naturwissenschaft sind für ihn absolut kein Gegensatzpaar. Als Zeilinger bei einem Vortrag im Bischöflichen Gymnasium Graz von einem Schüler "Sie sind religiös, glauben an Gott. Ist Gott der Initiator des Zufalls?" gefragt wurde, antwortete dieser: "Aus naturwissenschaftlicher Position heraus kann man die Existenz von Gott nicht widerlegen. Beweisen kann man sie freilich ebenso wenig." Die Nachfrage bezog sich auf den Urknall und ob es keinen Gott mehr brauche. Replik von Zeilinger: "Das ist die Mehrheitsmeinung der Physiker. Es gibt aber auch solche, die sagen, es müsse doch noch etwas anderes geben. Ich nenne es Gott."

Was Zeilinger mit seinem Anteil am Preisgeld (ca. 307. 000 Euro) machen wird, ist unklar: "Ich habe eine Familie mit Kindern und Enkelkindern. Da werden sich Möglichkeiten finden ..."