Fachärzte fordern ein organisiertes Screening-Programm zur Früherkennung von Prostatakrebs. In Österreich erfolge die Früherkennung bisher nur auf Initiative von Patient oder Arzt, sagte Shahrokh Shariat, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Urologie (ÖGU). Prostatakrebs ist mit fast 7.500 Neudiagnosen im Jahr 2023 die häufigste Tumorerkrankung des Mannes und mittlerweile der häufigste Tumor insgesamt, betonte Anton Ponholzer von der Krebshilfe am Montag.
Diese im Vergleich zum Jahr 2015 gestiegenen Zahlen machen es "erforderlich, dass wir uns darum kümmern", sagte Ponholzer am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Nach den Daten der Statistik Austria gab es 2023 auch 1.421 Todesfälle durch Prostatakrebs, berichtete er. "Bis 2040 erwarten wir in unserem Raum 40 bis 70 Prozent mehr Prostatakarzinom-Patienten", erläuterte auch Shariat.
Die Krankheit sei symptomlos, beziehungsweise wenn sie symptomatisch ist, "ist es zu spät", betonte der ÖGU-Präsident. Am besten sei die Behandlung in frühen Phasen. "Wenn Sie Prostatakrebs finden wollen, dann müssen Sie darauf screenen", sagte auch Hendrik Van Poppel, stellvertretender Generalsekretär der Europäischen Vereinigung für Urologie (EAU), bei der Pressekonferenz.
"Wir testen die falschen Leute"
Die opportunistische Früherkennung auf Initiative von Patient oder Arzt führe zu Ungleichheiten und Überdiagnosen, sagte Shariat. Die Untersuchung wird nämlich derzeit überwiegend von alten Männern, die keinen Vorteil in der Lebenserwartung haben, und von Personen, die höher gebildet und wohlhabend sind, in Anspruch genommen. "Wir testen die falschen Leute", so der Universitätsprofessor. Außerdem würden mit einem organisierten Screening weniger PSA-Tests, weniger MRT-Untersuchungen und somit weniger Kosten entstehen.
Er ortete eine "Kopf in den Sand"-Strategie der politischen Entscheidungsträger und forderte als Präsident der Gesellschaft für Urologie ab 45 Jahren ein organisiertes, risikoangepasstes Screening, an dessen Beginn die Blutuntersuchung auf den PSA-Wert steht. Nach der Erhebung des Wertes folgt eine Risikobewertung beim Urologen, gegebenenfalls eine MRT-Untersuchung und nur, wenn dann nötig, eine Biopsie - also eine Entnahme von Gewebeproben aus der Prostata. Die rektale Tastuntersuchung ist nicht mehr Teil des Prostatakrebs-Screenings, "diese Angst fällt weg", sagte Shariat in Richtung jener Männer, die bisher deshalb auf die Früherkennung verzichtet haben.
"Lange Nacht der Urologie" am 10. November
Männer können schon jetzt ab 45 Jahren zur kostenlosen Früherkennung auf Prostatakrebs gehen - Risikopersonen mit Fällen in der Familie sowie Männer mit afrikanischer Herkunft auch früher, empfohlen ab 40 Jahren, betonte Ponholzer, der ebenfalls Urologe ist. Außerdem ist ab diesem Alter generell eine jährliche Kontrolle beim Urologen ratsam und nicht nur für den PSA-Test zum Urologen zu gehen, ergänzte Shariat.
"Der November gehört den Männern und ihrer Gesundheit", wies Krebshilfe-Geschäftsführerin Martina Löwe auf den diesbezüglichen Awareness-Monat hin. In Österreich macht die "Loose Tie"-Aktion mit dem Namen entsprechend demonstrativ locker gebundenen Krawatten auf Krebsvorsorge für Männer aufmerksam. Am 10. November findet "Die Lange Nacht der Urologie" statt, bei der Männer des Jahrgangs 1980 aufgerufen sind, zwischen 17.00 und 21.00 Uhr in teilnehmenden Ordinationen ihren ersten PSA-Test zu machen.
Schumann betont kostenlose Vorsorgeangebote
"Wir wissen, dass Männer in Österreich seltener zur Vorsorge gehen als Frauen. Dabei können regelmäßige Untersuchungen helfen, Krankheiten frühzeitig zu erkennen und erfolgreich zu behandeln", sagte Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) in einer Aussendung am Montag. "Ich appelliere daher an alle Männer: Nutzen Sie die kostenlosen Angebote der Vorsorgeuntersuchung und achten Sie auf Ihre körperliche und seelische Gesundheit."
