Das ist ein Ergebnis einer Studie von Rafael Prieto-Curiel vom Complexity Science Hub (CSH) Wien im Fachmagazin „Nature Cities“. In U-Bahn-Städten liegt der Anteil der Autofahrten am Pendelweg-Verkehr im Schnitt bei rund 37 Prozent, in Tram-Städten sind es 50 Prozent. Der Effekt zeigt sich auch hierzulande.
Die einzige österreichische Stadt mit U-Bahn-Netz ist bekanntlich Wien. Aber auch in der Bundeshauptstadt – mit rund zwei Millionen Einwohnern, mit Abstand die größte Stadt des Landes mit dementsprechend hohem Verkehrsaufkommen – wurde die heiße, weil vor allem teure Kartoffel „U-Bahn-Bau“ lange politisch hin- und hergeschoben. Auch vom Grundsatzbeschluss im Jahr 1968 bis zur Eröffnung des ersten U4-Stücks 1978 dauerte es lange. Der Start in die U-Bahn-Ära in den späten 1970ern erfolgte gegenüber manch anderen europäischen Großstädten eher spät.
Analyse zeigt U-Bahn-Effekt
Aus Sicht der Verkehrsvermeidung im Bereich des motorisierten Individualverkehrs mit Kfz, Taxi, Motorrad oder durch Fahrdienste ist die Wirkung einer solchen Maßnahme aber deutlich: Wien ist laut dem von Prieto-Curiel erstellten und unter https://vis.csh.ac.at/citiesmoving einsehbaren Datensatz, auf dem auch die aktuelle Untersuchung beruht, die österreichische Stadt mit dem niedrigsten Auto-Anteil von einem Viertel aller analysierten Pendelwege. Außerdem liegt der Öffi-Anteil mit 34 Prozent am höchsten, zu Fuß oder mit dem Rad werden in Wien im Schnitt 41 Prozent der untersuchten Wege absolviert. Zum Vergleich: Die nächstgrößten Städte, Graz und Linz, kommen bzw. kamen auf 20 bzw. 21 Prozent Öffi-Anteil, bei rund 50 Prozent motorisiertem Individualverkehr. Zu berücksichtigen ist, dass die Daten zu den nächstgrößten heimischen Städten allerdings teils deutlich älter sind als jene aus Wien.
In der neuen Studie ging Prieto-Curiel einer detaillierteren Frage nach, nämlich wie sich unterschiedliche Angebote an öffentlichen Verkehrsmitteln in europäischen Städten auswirken – speziell der Unterschied zwischen U- und Straßenbahn. Das Ergebnis aus der Analyse mit Daten aus 47 Städten mit U-Bahn, 46 Städten mit Tram-Angebot, aber ohne U-Bahn, und 285 Ballungsräumen mit keinem dieser beiden Verkehrsmittel zeigt einen sichtbaren Untergrundbahn-Effekt.
Hohes Investment vor allem in echten Großstädten sinnvoll
Demnach sinkt der Autofahrt-Anteil von 54 Prozent in Städten ohne Tram und U-Bahn auf im Schnitt rund 50 Prozent in Anwesenheit der Straßenbahn und sogar auf 37 Prozent, wenn es auch eine U-Bahn gibt. Gleichzeitig liegt die Öffi-Nutzung in U-Bahn-Städten bei durchschnittlich 34 Prozent – und damit deutlich über Tram-Städten (21 Prozent) und Städten ohne Öffi-Schienennetz (16 Prozent).
Der Komplexitätsforscher sieht hier einen „klaren Effekt“. Bei einer Stadt mit einer Million Einwohnerinnen und Einwohnern „fallen bei Vorhandensein einer U-Bahn etwa 370 Millionen Autofahrten pro Jahr an. In einer gleich großen Stadt mit einer Straßenbahn, aber ohne U-Bahn, sind es 700 Millionen – also fast doppelt so viele“. Klar sei, dass U-Bahnen vor allem in Städten mit signifikant großer Einwohnerzahl auch aufgrund ihrer Kosten sinnvoll umzusetzen sind und hier überdies den stärksten Nutzen im Sinne der Individualverkehr-Einsparung bringen. Im Fall von Wien spare etwa ein Absenken der täglichen Wege mit Auto und Co um lediglich einen Prozentpunkt gleich sechs Millionen Fahrten pro Jahr.
Es gibt auch Ausnahmen
Die Untersuchung sei gewissermaßen als ein Informations-Puzzlestein anzusehen, wenn Städte individuell über ihre Verkehrsnetzgestaltung nachdenken. Die Vorteile der U-Bahn mit ihrer Geschwindigkeit und hohen Beförderungskapazität liegen klar auf der Hand, die hohen Kosten für den Bau auch. Die Studie zeige nun auch, dass sie ein gutes Vehikel in Richtung weniger Autoverkehr darstellen und dass sich dieser Effekt mit der günstigeren Straßenbahn nicht in annähernd gleichem Ausmaß erzielen lässt. Es gebe allerdings auch ein paar Ausnahmen: In Rom und im französischen Toulouse gibt es zwar eine U-Bahn, der Autoverkehr liegt dort trotzdem bei über 60 Prozent.
(S E R V I C E Studie: https://dx.doi.org/10.1038/s44284-025-00342-7)
