Wer sich über eine schulische Aufgabe den Kopf zerbricht, ohne sich zuvor die dafür notwendigen Konzepte anzueignen, lernt besser. Noch stärker zeigt sich dieser Effekt beim "produktiven Scheitern". Was Fachleute damit meinen: Weil den Lernenden die notwendigen Grundlagen fehlen, um das Problem zu lösen, scheitern sie oftmals. Daraufhin löst eine Lehrperson auf, mit welchem neuen Konzept sich die Aufgabe meistern ließe und warum der von den Lernenden gewählte Lösungsweg zum Scheitern verurteilt war.
"Vor dem Erlernen der Theorie zu üben ist fast doppelt so effizient, wie ein Jahr lang von einer exzellenten Lehrperson unterrichtet zu werden", sagte der Lernforscher Manu Kapur laut ETH Zürich. Der ETH-Professor führte gemeinsam mit seinem Kollegen Tanmay Sinha eine umfassende Metaanalyse durch, in die sie 53 bereits veröffentlichte Studien einfließen ließen. So ergab die Analyse zudem: Wenn Schüler und Studierende produktiv scheiterten, gestaltete sich das Lernen drei Mal so effizient wie mit einer sehr guten Lehrperson. Allerdings: Der positive Effekt trat insbesondere bei Schülern und Bachelorstudenten auf.
Bei jungen Schülern hilft der Ansatz nicht
Bei Zweit- bis Fünftklässlern beobachteten sie eine gegensätzliche Tendenz. Das liegt laut den Experten daran, dass junge Schüler noch zu wenig wissen, um sich produktiv abarbeiten zu können. Auch seien analytische Fähigkeiten und Problemlösungstechniken noch zu schwach ausgebildet. Die Forscher machten in einer Vorlesungsreihe zu linearer Algebra die Probe aufs Exempel: Die angehenden Maschinenbauingenieure durften wählen, ob sie im Vorfeld von fünf Vorlesungen freiwillig üben wollten. Knapp zwei Drittel nahmen den Mehraufwand in Kauf - und es schien sich zu lohnen: Die Erfolgsrate der produktiv gescheiterten Studenten lag demnach um 20 Prozent höher und sie erzielten deutlich bessere Noten.