Es sei nicht die Frage, "ob es zu einem Zwischenfall auch in Österreich kommt, sondern nur wann", sieht Promberger Österreich nicht vor Vorfällen wie an anderen europäischen Flughäfen gefeit. Laut APA-Informationen ist es in den letzten Wochen und Monaten etwa zu ungewöhnlich vielen Sichtungen von Drohnen über und bei Kasernen gekommen.
Abschuss nicht immer beste Option
Der Vorstellung, man müsse Drohnen vor allem durch Abschüsse begegnen, trat der Generalmajor entgegen. Oftmals sei es besser, die Flugobjekte zu beobachten und abstürzen zu lassen. Zerstöre man ein solches Objekt, dann würden sich Trümmerteile weit verteilen und oft mehr Schaden anrichten, als der einzelne Einschlag auf begrenztem Gebiet. Wichtig sei daher, zu wissen, mit was man es zu tun hat. "Manchmal ist es besser, es abstürzen zu lassen und man hat einen minimalen Schaden als wenn ich abschieße und es verteilt sich über eine große Ebene."
Promberger verwies diesbezüglich auch auf die am 9./10. September in Polen eingeflogenen russischen Gerbera-Drohnen. Viele davon wurden von den NATO-Partnerländern nicht abgeschossen, sondern bewusst bis zu deren Absturz in der Luft belassen. Dies mache aus oben genannten Gründen oft Sinn, betonte der Generalmajor. Deutlich gemacht hatte dies eine bei den Gegenmaßnahmen fehlgeleitete Luft-Luft-Rakete eines westlichen F-16-Kampfflugzeugs. Diese war zum Abschuss einer der Drohnen vorgesehen, schlug aber versehentlich in den Dachstuhl eines Hauses im ostpolnischen Dorf Wyryki, 15 Kilometer von der Grenze zu Belarus, ein und sorgte für schwere Schäden.
System "Goldhaube" würde Objekte frühzeitig entdecken
Einfliegende Objekte würden schon lange vor dem Erreichen des heimischen Luftraumes entdeckt werden, betonte Promberger. Außerdem sei davon auszugehen, dass sich auch die Luftverteidigung der Nachbarländer um derartige Bedrohungen annehmen werde. Es sei vor allem eine Frage der Detektion, hier sei Österreich mit dem System "Goldhaube" gut aufgestellt, darüber hinaus gebe es weitere Anlagen und Kontakte mit den Nachbarländern.
Eurofighter wäre schnell zur Stelle
Sollte sich abzeichnen, dass ein Objekt dennoch in den österreichischen Luftraum eindringen könnte, so habe man mit dem Eurofighter ein geeignetes Mittel zur Identifizierung - und nötigenfalls zum Abschuss mittels der Bordkanone oder der Luft-Luft-Rakete Iris-T. "Ich werde aber nur Waffen auslösen, wenn ich muss", betonte Promberger auch hier das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: "Warum soll ich etwas abschießen, das niemanden bedroht?". Es bestehe auch die Möglichkeit der Berechnung der "Crash-Kinematik", dabei wird eingeschätzt, wie sich die Trümmer im Falle eines Abschusses verteilen würden.
Mit den kriegerischen Handlungen in der Ukraine, wo regelmäßig große Schwärme an bewaffneten Geran-Drohnen für teils schwere Schäden sorgen, könne man die Situation hierzulande keinesfalls vergleichen: "Wir sind im Aggregatszustand 'tiefster Friede'", so der Generalmajor.
Dass trotzdem immer wieder etwas passieren kann, skizzierte Promberger am Beispiel einer im März 2022 offenbar von ukrainischem Gebiet aus gestarteten Militärdrohne Tu-141 im kroatischen Zagreb. Die 14 Meter lange und mehr als sechs Tonnen schwere Aufklärungsdrohne war durch den Luftraum zweier NATO-Mitgliedstaaten geflogen, bevor sie nahe einem Wohngebiet in Zagreb zum Absturz kam.
Die steigende Relevanz von Drohnen unterstrich der Generalmajor auch mit dem Verweis auf die Operation "Spider Web" des ukrainischen Geheimdienstes vom Juni, bei der von Lkws aus gestartete Drohnen in Russland schwere Schäden bei Angriffen auf russische Militärflugplätze verursachten oder die Operation "Rising Lion" Mitte Juni, bei dem mittels Drohnen seitens Israel u.a. iranische Radaranlagen ausgeschaltet wurden.
Drohnen an Flughäfen: Betriebseinstellung wichtigste Maßnahme
Bei Vorfällen wie den Drohnensichtungen an mehreren europäischen Flughäfen sei nicht der Abschuss der Drohnen, sondern die Flugsicherung die erste Priorität - indem man den Flugbetrieb einstellt, so Promberger. Die weiteren Schritte würden dann in Zusammenarbeit von Polizei und Bundesheer getroffen - je nach Bedrohungslage.
Aufklärung vor Abwehr und Angriff
Vor der Abwehr oder dem Einsatz von Drohnen als Angriffswaffe komme die Aufklärung, gab Promberger zu verstehen - dementsprechend liegt die Priorität des Bundesheeres bei der Beschaffung von Drohnensystemen auch in der Aufklärungsfähigkeit. Die ersten von 315 "Rucksack"-Drohnensystemen sind bereits im Zulauf, 15 Systeme des Herstellers ELBIT (MAGNI-X) sind bereits geliefert. Die Reichweite beträgt über fünf Kilometer. Künftig soll jede Einheit mit derartigen Aufklärungsdrohnen ausgestattet werden, die am Rücken transportiert werden können. Bis 2032 sollen 1.000 Systeme angeschafft werden.
Auch größere Aufklärungsdrohnen (RAVEN RQ-11B) wurden geordert, zwölf Systeme sollen bis Jahresende eintreffen. Weitere Systeme - auch mit großer Reichweite - sollen dann in den Jahren ab 2026/27 folgen.
Derzeit nur wenig Punkt-Verteidigung möglich
Derzeit hat das Bundesheer nur beschränkte Möglichkeiten der Drohnenabwehr. Zwar gebe es Jammer-Systeme zur elektronischen Störung, die man auch erfolgreich getestet habe. Zum Abschuss stehen derzeit aber nur die (derzeit in Modernisierung befindliche) Zwillingsfliegerabwehrkanone "Oerlikon" sowie die (schultergestützte) Flugabwehrrakete Mistral zur Verfügung. Insbesondere stolz zeigte sich Promberger zum Upgrade des Oerlikon-Systems und die künftige Ausstattung desselben mit sogenannter Ahead-Munition, die eine deutlich gezieltere Zerstörung der Ziele ermöglicht. Die ersten modernisierten Geschütze kommen 2026, die letzten 2028.
Bekannt ist auch schon die Bestellung von 36 Stück des Fliegerabwehr-Turms "Skyranger 30" bestellt, der auf neuen "Pandur"-Radpanzern montiert wird und auf der Kurzstrecke (Short Range/SHORAD) bis 15 Kilometer Reichweite zum Einsatz kommen wird. Die ersten Systeme sollen 2027 eintreffen, abgeschlossen sein soll die Beschaffung dann im Jahr 2030.
Anschaffungen im Rahmen "Sky Shield" noch offen
Auch verwies Promberger über die geplanten Anschaffungen über die kurzen Distanzen hinaus. Die Anschaffung soll wie bekannt im Rahmen des European Sky Shield Initiative (ESSI) erfolgen, eine Modellentscheidung ist hier noch nicht gefallen, als potenzieller Kandidat gilt das Modell IRIS-T (je nach Variante bis 25 Kilometer (IRIS-T SLS) oder ca. 40 Kilometer (IRIS-T SLM)). Als alternativer Kandidat gilt etwa das britische System CAMM.
Zur Finanzierung wollte sich Promberger nicht näher äußern, verwies aber darauf, dass die Anschaffungen im Rahmen des Aufbauplanes 2032+ bereits budgetiert seien. Zuletzt hatte sich Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) unbesorgt gezeigt, dass sämtliche nötigen Anschaffungen - trotz Sparzwang möglich sein werden.