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Drei Festnahmen bei Razzien in Islamistenszene

Polizei und Staatsschutz haben am Donnerstag in einer international akkordierten Aktion 15 Hausdurchsuchungen in der heimischen Islamistenszene durchgeführt. Dabei wurden drei Personen festgenommen - zwei in Wien, eine in Tirol -, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Abend mitteilte. Zudem wurden Gaspistolen, Schusswaffen, Munition, Messer, zahlreiche Datenträger und Bargeld sichergestellt. Parallel dazu gab es auch in Deutschland und der Schweiz Einsätze.

Weihnachtsmärkte waren oft Inhalt islamistischer Anschlagsfantasien
Weihnachtsmärkte waren oft Inhalt islamistischer Anschlagsfantasien

Im Zuge des "Joint Action Day" am 10. Jahrestag der Pariser Terroranschläge, bei denen 130 Menschen getötet und hunderte verletzt wurden, wurden laut Innenministerium neun Beschuldigtenvernehmungen und rund 100 Gefährderansprachen durchgeführt. Weiters wurden auch vier vorläufige Waffenverbote verhängt. Karner sprach in einem der APA übermittelten Videostatement von einem "intensiven Präventivschlag", der durch nach Auswertung der sichergestellten Datenträger weitere Ermittlungen zur Folge haben dürfte. Den Jahrestag der islamistischen Anschlagserie in Paris habe man genutzt, weil die islamistische Szene an solchen Tagen besonders aktiv sei, um zu mobilisieren. Von den 15 Hausdurchsuchungen fanden je vier in Niederösterreich und Wien statt. Auch Räumlichkeiten in 27 Justizanstalten wurden durchsucht.

"Der Verfassungsschutz geht konsequent gegen jede Form von Extremismus vor - ohne Unterschied ob politisch oder religiös motiviert", lobte der Innenminister die Arbeit der Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst (DSN). Diese koordinierte gemeinsam mit den neun Landesämtern Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) und den Justizbehörden die Einsätze. Insbesondere im Vorfeld der Weihnachtszeit soll dadurch Sicherheit gewährleistet werden. Weihnachtsmärkte waren immer wieder Ziel von Islamisten.

Internationale Zusammenarbeit

Europol sei ebenso durch die Unterstützung der österreichischen Behörden bei Abfragen am Joint Action Day involviert gewesen, hieß es von Seiten des Innenministeriums weiter. Besonders im Bereich des islamistischen Extremismus, in dem der virtuelle Raum eine große Rolle spielt und die Szene im deutschsprachigen Raum stark vernetzt ist, sei eine enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland, der Schweiz und Österreich essenziell. "In enger Abstimmung mit unseren Kolleginnen und Kollegen in Deutschland und der Schweiz ist es uns gelungen digitale Netzwerke von islamistischen Extremisten zu zerschlagen. Das kommt der Sicherheit unserer Bevölkerung nachhaltig zu Gute", sagte SPÖ-Justizministerin Anna Sporrer.

In Deutschland kam es zu über 50 Durchsuchungen in allen Bundesländern abgesehen von Sachsen-Anhalt, Saarland, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern. Auch dort handelte es sich bei den Beschuldigten laut Deutscher Presse-Agentur vor allem um Jugendliche (der jüngste erst 14) und junge Erwachsene, die dschihadistische Propaganda über u.a. Tiktok, Instagram, Rocket.Chat oder Telegram verbreitet hatten. Bei den Verdächtigen wurden mehrere Handys und weitere elektronische Geräte beschlagnahmt.

Islamisten online sehr aktiv

Besonders im digitalen Raum beobachten Sicherheitsbehörden einen Anstieg radikalislamistischer Propaganda. Diese Inhalte tragen zu einer schnellen Radikalisierung vor allem junger Menschen bei. Bereits das Posten von bestimmten extremistischen Inhalten oder etwa das Setzen von "Likes" unter diverse Beiträge oder Bilder kann eine Straftat darstellen. Rund die Hälfte der im Rahmen des Joint Action Day betroffenen Personen sind Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren.

Die durchgeführten Gefährderansprachen würden daher auch darauf abzielen, Jugendlichen die Risiken und Konsequenzen einer radikalen Weltanschauung aufzuzeigen. Radikal-islamistische Gruppen nutzen heute vermehrt das Internet und soziale Medien für Kontaktaufnahme, Rekrutierung und Ideologievermittlung, sowohl über öffentlich sichtbare "Influencer Preacher" mit hoher Reichweite, als auch über verschlüsselte Kanäle, geschlossene Gruppen oder Chats in Online-Games. Viele dieser Akteure agieren aus dem Ausland und erreichen dennoch ein breites Publikum, auch im deutschsprachigen Raum. "Die starke Zunahme der extremistischen Aktivitäten im virtuellen Raum bedeutet, dass der Verfassungsschutz besonders in der präventiven Arbeit ansetzen muss. Präventive Maßnahmen, wie Gefährderansprachen, erreichen Menschen, bevor sie in geschlossene extremistische Strukturen abgleiten", betonte DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner. Auch Staatsschutz-Staatssekretär Jörg Leichtfried (SPÖ) warnte: "Das Internet ist zu einem Rekrutierungshotspot für extremistische Gruppen geworden."

(Quelle: APA)