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Experte: Arbeitsbedingungen für Arbeit im Alter zentral

Europas Bevölkerung wird zunehmend älter. Durch steigende Lebenserwartung und niedrige Geburtenraten steigt der Anteil der Nicht-Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung, was den Druck auf die Pensionssysteme erhöht. Um diese zu entlasten, müsse Arbeiten im Alter gefördert werden, betonte Eurofound-Experte Franz Eiffe. Dafür brauche es einen Mix aus besseren Arbeitsbedingungen, Gesundheitsprävention, weniger Diskriminierung, mehr Flexibilität und gezielte Motivation.

"Auf 100 Erwerbstätige im Alter zwischen 20 und 64 Jahren kommen heute 32 Personen, die 65 Jahre oder älter sind", erklärte Eiffe, der Forschungsleiter in der Abteilung "Arbeitswelt" bei Eurofound in Dublin ist, am Donnerstag in einer Online-PK. Projektionen gingen davon aus, dass sich diese Entwicklung weiter stetig fortsetzen wird, so Eiffe: "Und wir im Jahr 2050 bereits ein Verhältnis von eins zu zwei haben werden." Das führt dazu, dass die Menge der Arbeitskräfte stetig zurückgeht und gleichzeitig der Anteil der 55- bis 64-Jährigen an den Gesamterwerbstätigen steigen wird. Durch den dadurch entstehenden Druck auf die Pensionssysteme und das Sinken des Arbeitskräftepotenzials wird "länger Arbeiten zu einer Art Imperativ".

"Push- und Pull-Faktoren" für Arbeiten im Alter

Für Arbeiten im Alter gibt es "Push- und Pull-Faktoren", wie verschiedene Studien gezeigt hätten, erläuterte Eiffe. Wichtige Faktoren seien neben Arbeitsqualität- und -bedingungen, Gesundheit, Altersdiskriminierung und die Arbeitsmotivation. "Personen in Jobs mit schlechter Arbeitsqualität haben ein viel höheres Risiko, frühzeitig aus dem Arbeitsmarkt auszuscheiden", so Eiffe. "Auf der anderen Seite sehen wir, dass Personen mit hoher Arbeitsqualität länger tätig bleiben." Ein weiterer "zentraler Faktor" sei freilich die Gesundheit. Personen mit Gesundheitsproblemen oder längeren Krankheiten hätten eine viel höhere Wahrscheinlichkeit, früher mit Nichterwerbstätigkeit, Frühpensionierung oder Invalidität konfrontiert zu sein.

Ein weiterer wesentlicher Punkt bildet laut Eiffe die Altersdiskriminierung. "Obwohl es natürlich EU-weit Antidiskriminierungsgesetze gibt, ist sie nach wie vor ein Faktum. Das zeigen viele Studienergebnisse", sagte der Experte. Oftmals würden ältere Personen am Arbeitsplatz "leicht aufs Abstellgleis gestellt", dürften keine neuen Rollen übernehmen oder werden nicht mehr befördert bzw. bekommen keine Weiterbildungen angeboten. Auf der anderen Seite gebe es Altersdiskriminierung bei der Rekrutierung von Arbeitskräften und somit das Problem der stärkeren Langzeitarbeitslosigkeit in der älteren Bevölkerungsgruppe, was EU-weit ein Thema sei.

Maßnahmen zur Förderung von Arbeiten im Alter

Zentrale Maßnahmen für die Erhöhung der Beschäftigungsquote Älterer seien daher etwa die Verbesserung der Arbeitsqualität. Gute Arbeitsbedingungen würden zum längeren Verbleib im Arbeitsleben motivieren, so Eiffe. Ebenso wesentlich seien die Gesundheitsförderung und -prävention sowie die Bekämpfung von Altersdiskriminierung. Attraktiv können für ältere Arbeitnehmer auch flexible Arbeitsmodelle sein. Dabei können Teilzeit, Homeoffice, längere Urlaubszeiten oder angepasste Arbeitszeiten helfen, Personen davon zu überzeugen, länger im Job zu bleiben. Diese würden freilich auch die Vereinbarkeit von Beruf mit Pflege- oder anderen familiären Aufgaben erleichtern.

Und freilich spiele auch die Anerkennung eine Rolle für Menschen, länger im Erwerbsleben zu bleiben. Etwa könne durch Wertschätzung, sinnvolle Aufgaben und neue Rollen - beispielsweise Mentoring oder Coaching - ältere Arbeitnehmer motiviert werden, länger im Beruf zu bleiben. "Wie sich gezeigt hat, sind das erfolgreiche Aspekte, um Personen am Arbeitsplatz zu halten."

Bei Bonus-Malus-System skeptisch

Ein "Bonus-Malus-System", um Menschen über 60 länger in der Arbeitswelt zu halten, wie von Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) kürzlich ins Spiel gebracht, bezeichnet Eiffe als "nicht wünschenswert". Schließlich sei dieses mit "einem Stigma behaftet", wonach ältere Arbeitnehmer nur zur Erfüllung einer Quote angestellt seien. Viel mehr brauch es einen "kulturellen Wandel, der von breiten, wirksamen Kampagnen und Initiativen von Sozialpartnern, Regierungen, Unternehmen und den Medien begleitet wird, um hier ein Umdenken zu ermöglichen", so Eiffe.