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Franz Fuchs: Die Chronologie des Bomben-Terrors

Die schlimmste Terrorwelle der Zweiten Republik begann am 3. Dezember 1993, als Briefbomben in den Händen der Moderatorin Silvana Meixner und des Hartberger Flüchtlingspfarrers August Janisch detonierten.

Franz Fuchs: Die Chronologie des Bomben-Terrors
Franz Fuchs: Die Chronologie des Bomben-Terrors

Bis Dezember 1995 wurden in fünf Serien noch 23 weitere explosive Postsendungen verschickt. Insgesamt wurden zehn Personen durch die Briefbomben verletzt.

Das mit Abstand schwerste rassistisch motivierte Attentat seit 1945 war der Rohrbomben-Anschlag in Oberwart, bei dem in der Nacht auf den 5. Februar 1995 vier Bewohner einer Roma-Siedlung starben. Am 24. August 1994 riss eine Rohrbombe in Klagenfurt dem Polizisten Theo Kelz beide Arme weg. Auch Franz Fuchs verlor beide Hände, als bei einer Polizeikontrolle in seinem steirischen Heimatort Gralla bei Graz am 1. Oktober 1997 eine Rohrbombe explodierte. Fuchs wurde 1999 in Graz zu lebenslanger Haft verurteilt und beging im Februar 2000 Selbstmord.

Seine Anschläge verübte er unter dem Pseudonym "Bajuwarische Befreiungsarmee". Dass diese "Armee" aus nur einem Täter bestand, wollten so manche nicht glauben. Noch lange nach Fuchs' Tod tauchten Theorien auf, welche die Einzeltäter-Theorie in Frage stellten. Im Folgenden eine Chronologie der Brief- und Rohrbombenserien:

Briefbomben-Serie I

3. Dezember 1993: In der oststeirischen Bezirksstadt Hartberg detoniert die erste Briefbombe und verletzt Pfarrer August Janisch. In der Minderheitenredaktion im Wiener ORF-Zentrum wird Redakteurin Silvana Meixner durch eine Briefbombe verletzt.
4. Dezember 1993: In der Caritas-Zentrale in Wien wird eine Briefbombe rechtzeitig entdeckt. Sie war an den damaligen Präsidenten Helmut Schüller gerichtet.
5. Dezember 1993: Eine Briefbombe verstümmelt die linke Hand des Wiener Bürgermeisters Helmut Zilk. Eine an den SlowenIschen Kulturverein im südsteirischen Bad Radkersburg geschickte Briefbombe wird ebenso entschärft wie eine an die Grün-Politikerin Madeleine Petrovic adressierte Bomben-Sendung.
6. Dezember 1993: Im Wiener Handelsgericht taucht eine Briefbombe auf, der eigentlich für die Grüne Migrationssprecherin Terezija Stoisits gedacht war. Im Posteinlauf des Bundeskanzleramtes wird ein an die damalige Frauenministerin Johanna Dohnal adressierter Sprengsatz entdeckt. Viertes Terror-Opfer wird eine Sekretärin in einer Wiener Anwaltskanzlei. Sie öffnet einen Brief an den "Islamischen Ausländer-Hilfsverein". Die zehnte und letzte Briefbombe der ersten Serie wird rechtzeitig abgefangen. Sie war für die ARGE Ausländerbeschäftigung der Wiener Wirtschaftskammer bestimmt.

Der Klagenfurter Bombenanschlag24. August 1994: Auf dem Gelände der Rennerschule in Klagenfurt wird eine rund fünf Kilo schwere Bombe entdeckt. Drei Polizisten bringen den Sprengsatz in einem Streifenwagen zum Flughafen. Sie detoniert, der 40-jährige Beamte Theo Kelz verliert beide Unterarme, seine beiden Kollegen werden ebenfalls verletzt.

Briefbomben-Serie II4. Oktober 1994: Eine einem Mitarbeiter des Gastarbeiterreferats der Diözese Feldkirch zugedachte Briefbombe wird entschärft. Auch Briefbomben an den Klagenfurter Wieser-Verlag und die Hallein Papier AG werden rechtzeitig abgefangen.
6. Oktober 1994: An den Abt des Stifts Wilten in Tirol wird eine Briefbombe geschickt und entschärft.Die Morde von Oberwart4./5. Februar 1995: An einer Wegkreuzung in der Nähe einer Roma-Siedlung in Oberwart explodiert - vermutlich kurz vor Mitternacht - eine Sprengfalle. Erst in der Früh frühen Morgenstunden werden die Leichen von vier jungen Männern entdeckt. Auch eine Tafel mit der Aufschrift "Roma zurück nach Indien" wird gefunden.

Die Bombenfalle von Stinatz6. Februar 1995: Auf einem Altpapiersammelplatz in der kroatisch-burgenländischen Gemeinde Stinatz explodiert ein Sprengkörper und verletzt einen Mitarbeiter des Umweltdienstes Burgenland.

Briefbomben-Serie III9. Juni 1995: In der Redaktion des TV-Senders "Pro 7" in München explodiert eine Briefbombe und verletzt eine Mitarbeiterin der Adressatin, Moderatorin Arabella Kiesbauer. In Linz wird die Betreiberin eines Partnervermittlungsbüro durch eine Briefbombe verletzt.
13. Juni 1995: In der norddeutschen Stadt Lübeck trifft die dritte Briefbombe dieser Serie ein. Der SPD-Geschäftsführer im Rathaus, Thomas Rother, wird beim Öffnen der Post verletzt.

Briefbomben-Serie IV16. Oktober 1995: Der aus Syrien stammende Gemeindearzt von Stronsdorf in Niederösterreich wird in seiner Ordination durch eine Briefbombe verletzt. Am Postamt von Poysdorf wird Flüchtlingshelferin Maria Loley (71) verletzt, als sie ein an sie adressiertes Schreiben öffnet. In Mistelbach entgeht ein aus Südkorea stammendes Arztehepaar knapp einem Briefbomben-Anschlag.

Briefbomben-Serie V11. Dezember 1995: Sechs Tage vor der Nationalratswahl detonieren in einem Postkasten in Graz zwei von vier Briefbomben. Adressaten der Sendungen: Das Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, eine in Wien lebende indische Familie, eine Partnervermittlungsagentur mit Postfach in Güns (Ungarn) sowie Angela Resetarits, die Mutter des Kabarettisten Lukas, des Sängers Willi ("Ostbahn Kurti") und des ORF-Redakteurs Peter Resetarits.

Die Ingrisch-Bombe9. Dezember 1996: Bei der Entschärfung explodiert eine Briefbombe, die an die Stiefmutter des damaligen Innenministers Caspar Einem, die Schriftstellerin Lotte Ingrisch, adressiert ist.

Gendarmeriekontrolle setzt Terror ein Ende1. Oktober 1997: Franz Fuchs (48) wird in seinem Heimatort Gralla südlich von Graz am Steuer seines Autos von der Gendarmerie kontrolliert, nachdem sich zwei Frauen verfolgt gefühlt hatten. Er wähnt sich überführt und zündet eine Bombe, die ihm beide Hände zerfetzt.
2. Februar 1999: In Graz beginnt der sechswöchige Strafprozess gegen Fuchs, in dem der Angeklagte jede Aussage vermeidet. Stattdessen schreit er Parolen wie: "Es lebe die BBA!" oder "Reinrassige Tschuschenregierung - nein danke!" und wird von der Verhandlung ausgeschlossen. Psychiater Reinhard Haller bescheinigt ihm eine Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, paranoiden, anankastischen, fanatischen und narzisstischen Zügen.
10. März 1999: Franz Fuchs wird in sämtlichen Anklagepunkten- unter anderem wegen vierfachen Mordes - schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt.
26. Februar 2000: Fuchs begeht Selbstmord, indem er sich in seiner Zelle in der Justizanstalt Karlau in Graz mit dem Kabel seines Rasierers erhängt.