Die Ministerin sprach in einer am Dienstag kurzfristig auf 17.30 Uhr angesetzten Pressekonferenz von einer "Verbesserung der Rahmenbedingungen und der Strukturen im Justizministerium" - doch sie übte auch indirekte Kritik an den bisherigen Zuständen in ihrem Hause: Es gehe um das "Vertrauen in die Justiz", welches sich auch auf das "Rechtsempfinden der Bevölkerung" auswirke. Und zwar besonders dort, wo die Staatsanwaltschaft "an der Schnittstelle von Wirtschaft und Politik" agiere. "Letzten Endes sollen für alle die gleichen Rechte gelten", sagte die Grün-Politikerin.
Das klang wie eine Kritik am mächtigen Sektionschef Christian Pilnacek, der zuletzt nicht nur politisch umstritten war. Als Leiter der Strafrechtssektion ist er faktisch der oberste Ankläger, und immer wieder waren Vorwürfe aufgetaucht, er übe zu viel Einfluss auf Verfahren aus. Pilnacek war heftigen Anfeindungen seiner eigenen Beamten und auch anonymen Anzeigen ausgesetzt.
Für Diskussionen hatte etwa gesorgt, dass er sich mit prominenten Beschuldigten der Casinos-Austria-Affäre getroffen hatte. Nachdem es Hausdurchsuchungen gegeben hatte, empfing Pilnacek - der in dem Verfahren die Fachaufsicht innehat - zwei höchst prominente Beschuldigte, nämlich die Aufsichtsräte Walter Rothensteiner und Ex-Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP), in seinem Büro.
Mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) lieferte sich der Minister einen erbitterten Kleinkrieg, immer wieder waren diesbezügliche Mails an die Medien durchgesickert. Der in einer Anzeige gegen Pilnacek erhobene Vorwurf, er habe politische Verfahren behindern wollen, hat sich jüngst in Luft aufgelöst. Doch sein Satz, die Staatsanwälte mögen einige Aspekte des Eurofighter-Verfahrens mangels Anklagefähigkeit "derschlagen", also einstellen, löste Unmut aus. Vor allem die SPÖ forderte die Justizministerin seit Wochen auf, den Spitzenbeamten abzulösen.
Die große Strafsektion wird jetzt zweigeteilt
Das geschieht nun so: Zadic wird Pilnaceks Strafrechtssektion zweiteilen. Derzeit sind dort die Legistik (also die Formulierung neuer Gesetzesvorschläge) und auch die Strafverfolgung (also die Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften) in einer Hand konzentriert. Das werde in "glamourösen Verfahren" zum Problem - "wenn etwa gegen Politiker ermittelt wird, mit denen man vorher bei der Gesetzeswerdung zusammengearbeitet habe", sagte Zadic, ohne dazuzusagen, ob sie bei diesem Beispiel an Pilnacek denke. Daher werde sie eine eigene Sektion für die Legistik und ebenso eine eigene für die Strafverfolgung schaffen, sagte die Ministerin. Der bisherige Sektionschef Pilnacek könne sich gerne um die Leitung einer der beiden Sektionen bewerben, so Zadic. Im Klartext: Der bisher mächtigste Beamte des Hauses wird seine Funktion als "oberster Staatsanwalt" verlieren.
Pilnacek gilt als exzellenter Straf-Legistiker
Der 57-jährige einstige Richter und Staatsanwalt Christian Pilnacek gilt als exzellenter Legistiker. Im Jahr 2010, unter der damaligen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP), war er zum Chef der von Bandion-Ortner neu geschaffenen Strafrechtssektion IV aufgestiegen. Der Top-Jurist hielt damit mit Legistik und Einzelstrafsachen (allzu) viele Fäden in der Hand. Ob sich Pilnacek für die entsprechende neue Sektion bewerben wird, war vorerst offen. Dem Vernehmen nach will Zadic den Juristen wieder an einen Posten setzen, an dem er seine Stärken ausspielen kann.
Künftig soll sich also die bisherige Sektion IV ausschließlich um die "Straflegistik" - also um die Gesetze - kümmern. Die ebenso bisher in der Sektion IV angesiedelte Fachaufsicht über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaften soll nun in eine - neue - Sektion V für "Einzelstrafsachen" übersiedeln. Diese Aufteilung sei seit den 1960er Jahren üblich gewesen, habe sich bis 2010, also über 50 Jahre lang, bewährt und sei von ihr auch schon vor ihrer Bestellung zur Justizministerin befürwortet worden, meinte Zadic: "Gerade im Strafrecht und der Strafverfolgung geht es auch um das Vertrauen in die Justiz."
ÖVP wurde angeblich erst Dienstagnachmittag über Umorganisation der Strafsektion informiert
Der Koalitionspartner ÖVP wurde den Angaben zufolge am Dienstagnachmittag über die Pläne informiert. Dass sie die Pressekonferenz so kurzfristig am späten Nachmittag angesetzt habe, begründete Zadic damit, dass die Vorhaben bereits gerüchtehalber durchgesickert waren. Eine Zustimmung der ÖVP zur Reform ist nicht nötig. Jeder Minister habe die Aufgabe, selbst für gute Rahmenbedingungen in seinem Ressort zu sorgen, so Zadic.