Zur "Stärkung der Verfassungskonformität" seien die Stellungnahmen aus der Begutachtung sorgfältig eingearbeitet worden, hieß es aus dem Ressort von Familien- und Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP). Auch das zweistufige Verfahren diene diesem Zweck. In einer ersten Aufklärungsphase sollen Schulen, Eltern und Kinder vorbereitet und informiert werden. Geplant sind Gespräche und die Klärung individueller Hintergründe. Bei Drohungen oder Drucksituationen durch "Sittenwächter" will man in dieser Phase frühzeitig eingreifen. Mit dem Schulstart im September 2026 sollen dann die Sanktionsbestimmungen in Kraft treten.
Trägt ein Mädchen in der Schule Kopftuch, muss zunächst die Schulleitung mit ihm sowie seinen Erziehungsberechtigten ein Gespräch führen. Bei einem erneuten Verstoß lädt die Schulbehörde die Betroffene und die Eltern zu einem verpflichtenden Gespräch. Bei weiteren Verstößen muss der zuständige Kinder- und Jugendhilfeträger verständigt werden. Im Extremfall kann gegen die Eltern eine Geldstrafe von 150 bis 800 Euro oder eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen verhängt werden. Im ersten Entwurf waren noch Strafen bis zu 1.000 Euro vorgesehen. Die Strafen können auch dann zum Einsatz kommen, wenn Eltern ein Perspektivengespräch bei drohendem Schulabbruch verweigern.
Erster Anlauf scheiterte 2020
Verboten ist laut der Gesetzesvorlage konkret das Tragen eines Kopftuchs, "welches das Haupt nach islamischen Traditionen verhüllt". Gemeint sei das Tragen aller Formen des Kopftuches vom Hijab bis zur Burka, teilte das Bundeskanzleramt mit. Im Begutachtungsentwurf war das Verbot noch auf das Tragen des Kopftuchs aus "ehrkulturellen Gründen" beschränkt - das hat man nun fallen lassen, offenbar weil damit unter Umständen etwa die Verhüllung aus rein religiösen Gründen nicht erfasst gewesen wäre.
Das Gesetz gilt für alle öffentlichen sowie privaten Schulen. Gegenüber der Begutachtung geändert wurde die Bestimmung, dass das Tragen "im schulischen Kontext" untersagt sein soll. In der Regierungsvorlage wird nun klargestellt, dass das Verbot nur in der Schule selbst gelten soll, nicht aber etwa bei Schulveranstaltungen wie Skikursen oder im dislozierten Unterricht (etwa Lehrausgänge) außerhalb der Schule. Für die Befolgung müssen die Erziehungsberechtigten sorgen. "In Österreich soll jedes Mädchen frei, sichtbar und selbstbestimmt aufwachsen können. Ohne Zwang, ohne Angst und vor allem ohne vorgeschriebene Rolle", betonte Plakolm in einer Aussendung.
Das erste, unter Türkis-Blau beschlossene Kopftuchverbot für Kinder war 2020 vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) gekippt worden. Die Richterinnen und Richter sahen den Gleichheitsgrundsatz verletzt, weil sich das Verbot konkret gegen das islamische Kopftuch richtete. Bedenken, dass das Gesetz deshalb nicht halten könnte, gibt es auch beim zweiten Anlauf. Das Kopftuchverbot als Verfassungsbestimmung zu beschließen, hat die SPÖ im Vorfeld abgelehnt, sie will eine verfassungskonforme Lösung.
(Quelle: APA)
