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Langes Warten auf den Arzttermin: Wartezeiten in Kassenordinationen deutlich gestiegen

Die Wartezeiten bei Kassenärzten haben sich deutlich erhöht, zeigt eine Studie der Ärztekammer Wien.

Kassenpatienten müssen mit langen Wartezeiten rechnen.
Kassenpatienten müssen mit langen Wartezeiten rechnen.

Wer in Wien einen Termin bei einem Kassenarzt vereinbaren will, muss mit langen Wartezeiten rechnen. Eine Studie der Ärztekammer Wien bestätigt, worüber Patienten wie Ordinationen seit Langem klagen. Seit der letzten größeren Erhebung 2012 haben sich die Wartezeiten bei Kassenärztinnen und -ärzten merklich erhöht.

Im Rahmen der von Meinungsforscher Peter Hajek durchgeführten Studie wurden 850 Wiener Kassenärztinnen und -ärzte - das entspricht rund 54 Prozent aller Kassenordinationen in der Bundeshauptstadt - mittels sogenannter "Mystery Calls" kontaktiert. Testanrufer meldeten sich in den Ordinationen, um mit vermeintlichen Problemen einen Termin zu vereinbaren. Dabei stießen sie fast ausnahmslos auf ausgesprochen lange Wartezeiten oder einen generellen Aufnahmestopp der Ordinationen.

Längste Wartezeiten bei Kinder- und Jugendpsychatrie

Mit Abstand am längsten zeichneten sich die Wartezeiten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie ab. Patientinnen und Patienten warten hier im Median 90 Tage auf einen Termin. In einer neurologischen Facharztpraxis beträgt die Wartezeit durchschnittlich 45 Tage (2012 waren es noch 33 Tage). Besonders deutlich gestiegen sind die Wartezeiten im Vergleich zu 2012 bei Augenärztinnen und Augenärzten. Hier muss man im Schnitt 44 Tage auf einen Termin warten (2012 lag die Wartezeit noch bei 9 Tagen). Vervierfacht hat sich die Wartezeit bei Gynäkologinnen und Gynäkologen von 8 auf 32 Tage.

Diese Wartezeiten seien vorbehaltlich der Tatsache, dass Ordinationen überhaupt noch neue Patienten aufnehmen würden, so Meinungsforscher Hajek. Auch hier zeichne sich ein deutliches Bild. Zu Aufnahmestopps komme es besonders häufig in kinderärztlichen Ordinationen: Mehr als die Hälfte der betroffenen Kassenarztpraxen haben einen Aufnahmestopp. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie nehmen 40 Prozent keine neuen Patienten an, bei Frauenärztinnen ist es fast ein Drittel. Auch rund jede dritte Hausarztordination ist ausgelastet.

Ärztekammer Präsident Steinhart: "Vernachlässigung des kassenärztlichen Bereichs"

Der Präsident der Österreichischen und Wiener Ärztekammer Johannes Steinhart bezeichnete die Ergebnisse der Studie bei der Präsentation am Donnerstag als "erschreckend". Die große Fallzahl zeige einmal mehr, dass es sich nicht um individuelles Fehlverhalten, sondern um ein systematisches Problem, nämlich "um die Vernachlässigung des kassenärztlichen Bereichs", handle. Das Kassensystem habe man in den vergangenen Jahren "kaputtgespart". Immer mehr Menschen seien gezwungen, auf Wahlärzte auszuweichen. Symbolisch präsentierte Präsident Steinhart am Donnerstag einen Notfallkoffer für die Politik. "Wir haben in Österreich nicht zu wenig Ärzte, wir haben zu wenige Ärzte im solidarischen Gesundheitssystem", sagte Präsident Steinhart. Deswegen sei es dringend an der Zeit, mehr Anreize zu schaffen, um Ärzte ins Kassensystem zu bringen. Gelingen könne dies unter anderem durch verbesserte Honorare, eine Ausweitung des Startbonus für offene Kassenstellen und durch eine Flexibilisierung von Teilkassenverträgen.

Patientenmilliarde für Wien gefordert

Die Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer Wien, Naghme Kamaleyan-Schmied, forderte eine Patientenmilliarde für Wien. Eine österreichweite Erhebung zu Wartezeiten im Kassenbereich gibt es bislang nicht, auch in den anderen Bundesländern seien Erfahrungswerte aber ähnlich, heißt es von der Ärztekammer Wien.