Die Rufe nach Lockerungen kamen vor allem aus den westlichen Bundesländern und aus der Wirtschaft. Am Samstag wurden sie erhört, obwohl Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) bisher stets betont hatte, dass man Maßnahmen erst zurücknehmen könne, wenn die hohen Fallzahlen fallen. Auch die Coronakommission empfahl noch am Donnerstag die Beibehaltung der Regeln.
Doch in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz kündigte die Regierung Lockerungsschritte an. Sie kommen nun fast zeitgleich mit der Einführung der Impfpflicht und trotz extrem hoher Ansteckungszahlen. Derzeit liegt die Zahl der Infizierten bei rund 35.000 und das prognostizierte Hoch ist noch nicht erreicht. Die Lockerungsübungen erfolgen in Etappen
Ab dem 5. Februar
Sperrstund is, heißt es ab kommendem Samstag erst um Mitternacht. Nicht nur die Gastronomen und die Tourismusbranche atmen auf - immerhin beginnen am Wochenende die Semesterferien -, auch für Kinobetreiber sei die spätere Sperrstunde wichtig, betonte die für Kultur zuständige Staatssekretärin Andrea Mayer in einer Aussendung. Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze sind ab 5. Februar für bis zu 50 statt wie derzeit noch 25 Personen erlaubt. Das ist besonders für private Feiern relevant.
Außerdem entfällt für Konzert- und Theaterbesuche oder Ähnliches die 2G-plus-Regel. "Durch das Wegfallen des Tests zusätzlich zum Geimpften- bzw. Genesenen-Status sind auch spontane Kulturbesuche wieder möglich", gibt sich Mayer erfreut.
Ab dem 12. Februar
Eine Woche später ist der Handel an der Reihe. In Geschäften werden - freilich bis auf das Tragen einer FFP2-Maske - alle Restriktionen aufgehoben. Auch Ungeimpfte können dann wieder überall ohne Test einkaufen. 2G wird damit ab 12. Februar beim Einkaufen Geschichte sein. Selbiges soll sogar körpernahe Dienstleistungen betreffen. Das hieße etwa, dass man ungeimpft und ungetestet zum Haareschneiden kann.
Ab dem 19. Februar
In Gastronomie und Hotellerie bietet ab 19. Februar alternativ zur Impfung oder Genesung auch wieder ein Test eine Zugangschance. Wer noch nicht geimpft ist, braucht dann einen PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ist der nicht verfügbar, kann man ihn durch einen 24 Stunden gültigen Antigentest ersetzen. Könnte der Wirt quasi mit Beginn der Impfpflicht auch diese mitkontrollieren? Das sei die Aufgabe der Polizei, sagt die Regierung.
Grüner Pass
Mit Monatsbeginn gilt nicht nur die Impfpflicht, es ändert sich auch etwas an der Gültigkeit der Coronaschutzimpfung im Grünen Pass. Wie schon im November kommuniziert, gilt sie nach dem zweiten Stich nur noch sechs anstatt neun Monate. Spätestens ein halbes Jahr nach dem zweiten Stich muss also die Auffrischungsimpfung eingetragen sein. Rund 320.000 Österreicherinnen und Österreicher müssen sich den dritten Stich erst holen. Übergangsfrist wird es keine geben, bekräftigte die Regierung am Samstag erneut.
In den Schulen
In den Bildungseinrichtungen sollen ebenfalls Erleichterungen kommen, gab Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bekannt. Angedeutet wurden Änderungen die FFP2-Masken-Pflicht und den Sportunterricht betreffend. Konkretes hat er erst für kommende Woche in Aussicht gestellt. Das brachte ihm Kritik ein: ",Es wird irgendwann irgendwas gelockert, aber wir sagen euch nicht, wann und was' ist keine Ansage, sondern schlicht kindisch. Auch und gerade die Jungen haben Klarheit verdient und sollen wissen, wie es weitergeht", bemängelte Neos-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre am Sonntag. Herbert Kickl (FPÖ) verlangte erneut das sofortige Aus für die Maskenpflicht an den Schulen.
Der Wiener Weg
Möglicherweise wird die Bundeshauptstadt dieses Lockerungspaket nicht mittragen. Es sei der falsche Zeitpunkt, um Lockerungsschritte anzukündigen, findet Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit Blick auf die Entwicklung der Omikron-Welle. Er will sich mit Experten darüber beraten, wie es in Wien weitergehe. Nicht selten geht man hier einen Sonderweg.
SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker meinte Samstagmittag am Rande einer Impfaktion im Bundeskanzleramt, es sei "ein bissl sehr mutig", sich jetzt schon bei Zeitpunkten Mitte Februar festzulegen. Die Verkündungen überraschten ihn, aber sie seien "legitim".
Die ÖVP-Landeshauptleute sehen ihre Begehren erfüllt. Auch Interessenvertreter der betroffenen Branchen begrüßen erwartungsgemäß die Lockerungen.