Bereits jetzt funktioniere die Soforthilfe nicht, es gebe auch jetzt schon keine klare Definition von Alleinerziehenden. Auch die Wohnkosten seien schon vor den angedachten Reformen nicht tragbar. "Härtefallregeln fehlen jetzt schon, Menschen mit Behinderungen wird jetzt schon ein selbstbestimmtes Leben verweigert, Entscheidungsfristen am Amt sind jetzt schon zu lange und es treten jetzt schon große Mängel im Vollzug auf", so das Netzwerk weiter. In der öffentlichen Debatte komme dies alles aber nicht vor, sieht die Armutskonferenz "blinde Flecken" im parteipolitischen Diskurs, wie sie zu den Landesgesetzesentwürfen in der Steiermark und Oberösterreich erklärte.
Kritik vor allem an Steiermark und Oberösterreich
Besonders kritisch werden seitens der NGO die Sozialhilfenovellen in der Steiermark und Oberösterreich beurteilt, wie auch Armutsexperte Martin Schenk auf APA-Nachfrage erörterte. Diese würden in ihrer Gesamtheit "schlechte Auswirkungen" auf das bereits in seiner jetzigen Form "unzureichende und mangelhafte unterste soziale Netz haben". Ein menschenwürdiges Dasein und das Existenzminimum könne man so "nicht sichern".
In Oberösterreich will man etwa bei der sogenannten "Bemühungspflicht" nachschärfen, u.a. sollen die Sanktionsstufen strenger werden. Verstößt man gegen die Bemühungspflicht, sollen die Bezüge dann sofort um 30 Prozent, später um 50 Prozent gekürzt werden. Auch wird explizit festgehalten, was alles unter die Bemühungspflicht fällt - etwa auch eigeninitiative Bewerbungen und Teilnahme an Qualifizierungskursen.
Die Änderungen im steirischen Gesetz bezeichnete die Armutskonferenz als "unsachlich", sie würden dem Gleichheitssatz sowie den Zielen der Sozialhilfe widersprechen und seien auch teilweise verfassungswidrig. Die Kürzung des Höchstsatzes im steirischen Gesetz bedeute gleichzeitig eine Kürzung der Wohnkostenpauschale sowie der Zuschläge für Alleinerziehende und des Behindertenzuschlages. "Gekürzt werden die Leistungen für Menschen mit Behinderung gleich doppelt, da sich der Zuschlag in Höhe von 18 Prozent prozentuell vom Höchstsatz berechnet." Auch ortet die NGO Unklarheiten im steirischen wie oberösterreichischen Gesetzestext. Dies eröffne "große Auslegungsspielräume für den Vollzug". So bestehe kein Rechtsanspruch auf Zusatzleistungen zur Vermeidung besonderer Härten ("Härtefallregelung").
"Kriminalisierung" von Armutsbetroffenen
Mit Blick auf die mit der steirischen Novelle kommenden Verschärfungen bei den Sanktionen übte die Konferenz auch Kritik an einer "Kriminalisierung von Armutsbetroffenen". In der Steiermark ist künftig etwa die Einführung von Mindest- und auch Ersatzfreiheitsstrafen bei Nichteinhaltung von Vorgaben vorgesehen. Sozialhilfebezieher sollen etwa Sprachkurse belegen sowie Qualifikationen erwerben müssen, um am Arbeitsmarkt besser vermittelbar zu sein. Wer Verpflichtungen verabsäumt oder beispielsweise seine Arbeitskraft nicht in zumutbarer Weise einsetzt, der hat mit Verwaltungsstrafen zwischen 200 bis 4.000 Euro zu rechnen, bei Uneinbringlichkeit zwischen drei Tagen bis zu sechs Wochen Haft.
Schenk verwies auch auf den derzeit vorliegenden Gesetzesentwurf zur Novelle in Niederösterreich, der für Verwaltungsübertretungen Mindestgeldstrafen zwischen 200 und 5.000 Euro sowie Ersatzfreiheitsstrafen (ebenfalls bis zu 6 Wochen) vorsieht. Die veranschlagten Straftatbestände würden den Grundsätzen von Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit widersprechen, hieß es dazu seitens der Armutskonferenz.
Folgekosten nicht im Blick
Die Regierungen würden auf "die Flüchtlinge" zeigen, die Bedingungen aber für alle verschärfen, so die Armutskonferenz. Es würden auch die "Folgekosten der Demontage des letzten sozialen Netzes" unterschätzt, verwies das Netzwerk u.a. auf Delogierungen, Obdachlosigkeit, Schuldenberatungen.
Auch betonte Schenk gegenüber der APA einmal mehr den verhältnismäßig geringen Anteil der Sozialhilfe am Gesamtbudget: Im aktuellen Sozialbericht wurden die Kosten für das Jahr 2024 mit 0,27 Prozent des BIP angegeben (2023: 0,23 %). Der Anteil der Sozialhilfe am Staatsbudget liege bei nur ca. 0,4 Prozent, erinnerte Schenk.
(Quelle: APA)
