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Opfer-Plattform fordert Gedenkstätte für Kirchen-Opfer

Die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt fordert eine Gedenkstätte für Opfer von Missbrauch in kirchlichen Institutionen. "Es gehört unbedingt eine Erinnerungskultur her", sagte deren Obmann Sepp Rothwangl im APA-Interview. Den jüngsten Bekenntnissen von Kardinal Christoph Schönborn schenkt Rothwangl keinen Glauben, auch die Arbeit der Klasnic-Kommission stellt er weiterhin infrage.

Rothwangl vergleicht Kirche mit Mafia
Rothwangl vergleicht Kirche mit Mafia

Vor nicht ganz zehn Jahren hat sich die Plattform als Reaktion auf das Bekanntwerden etlicher Missbrauchsfälle in der römisch-katholischen Kirche gegründet. Knapp später wurde Rothwangl, der selbst Betroffener von sexuellen Übergriffen ist, Vorsitzender. Es sei damals eine regelrechte Lawine losgebrochen, erinnert er sich. Deswegen habe man eine Anlaufstelle gegründet und eine Hotline eingerichtet - und damit bisher Hunderte von Fällen betreut.

Erst danach, im Frühling 2010, gab Kardinal Christoph Schönborn die Einrichtung einer "Opferschutzanwaltschaft" unter der Leitung der ehemaligen steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic bekannt. Von Beginn an war diese Kommission für Rothwangl unglaubwürdig, denn: "Es geht dabei um die Kontrolle der Opfer." Konsequenzen für die Täter habe es bisher keine gegeben. Die Plattform warnt sogar davor, gewisse Fälle zur Klasnic-Kommission zu tragen.

Was die Plattform von der römisch-katholischen Kirche fordert ist etwa der Verzicht auf Verjährung der Fälle und eine Übergabe der Missbrauchsarchive an die Justiz. "Wenn die Kirche das übernehmen würde, könnte man sagen, das wäre auf Augenhöhe", meint Rothwangl. Wenig Hoffnung hegt er in die anstehende Missbrauchs-Synode in Rom: "Es werden wahrscheinlich wieder die üblichen Entschuldigungen kommen. Es schaut nicht so aus, dass angemessen entschädigt wird."

"Es gibt keinen einzigen Gedenkstein in ganz Österreich für diese Verbrechen", fordert Rothwangl zudem Erinnerungskultur ein. Für den Obmann der Betroffenen-Plattform handelt es sich bei den kirchlichen Missbrauchsfällen nämlich um "das größte systemische Verbrechen in der Zweiten Republik". Von ihm, Rothwangl, aufgestellte Mühlsteine mit dem Konterfei des verstorbenen Wiener Erzbischofs Hans Hermann Groer seien von anderer Stelle "sofort entfernt worden".

Unglaubwürdig ist für die Plattform der Fernseh-Auftritt von Kardinal Schönborn, bei dem er angab, selbst von einem Geistlichen belästigt worden zu sein. "Für mich ist das der Versuch, Eindruck zu schinden, sich in irgendeiner Art auf die Seite der Betroffenen zu stellen", meint Rothwangl. Wahr sei auch nicht, dass Schönborn von den Fällen überrascht gewesen sei, denn über die allermeisten Fälle sei er als Kardinal lange vor der medialen Veröffentlichung bestens informiert gewesen.

Für Rothwangl ist das sexuelle Verhalten in der Kirche so etwas wie ein Schweigegelübde. Und er zieht einen harten Vergleich: "In jedem geschlossenen System gibt es eine Mutprobe oder Ähnliches zum Zusammenschweißen des Systems. In der Mafia ist das ganz klar irgendein Auftragsmord, wodurch irgendjemand dann aufsteigt. Wer im System mitmacht, der steigt auf. Das ist eine mafiöse, verbrecherische Gemeinschaft, die sich gegenseitig decken muss."

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