Der über weite Strecken vernichtende Bericht wurde dem gesamten Aufsichtsratsgremium des teilstaatlichen Glücksspielkonzerns nicht vorgelegt. "Aus Datenschutzgründen", wurde dazu dem "Standard" erklärt. Das Gremium ließ demnach Rechtsgutachten von den Anwaltskanzleien CMS und Dorda erstellen. Eine vertrat die Ansicht, man müsse den Bericht offenlegen, die andere war gegenteiliger Meinung. Sidlo wurde mit den Stimmen der Republiks- und Novomatic-Vertreter im Aufsichtsrat gewählt. Die Vertreter des größten Casinos-Miteigners, der tschechischen Sazka Gruppe enthielten sich.
Sidlo präsentiere sich zwar durchaus "als ambitionierter, selbstbewusster und rhetorisch sehr versierter Kapitalmarkt- und Investmentexperte, der jedenfalls über weiteres Potenzial verfügt", stellte Personalberater Zehnder laut "Presse" fest. Allerdings hapere es an Erfahrung "in einer breiteren Führungs- und Finanzverantwortung von relevanter Größe und Komplexität". Sidlo würde "in den meisten Auswahlverfahren für den direkten Einstieg in eine entsprechende CFO-Position wahrscheinlich keine Berücksichtigung finden". Zudem schreibt das Glücksspielgesetz vor, dass für die ausgeschriebene Position "eine zumindest dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Unternehmen vergleichbarer Größe und Geschäftsart" nachgewiesen werden muss. Die hat Sidlo nicht.
Sidlo habe "keine umfassende CFO-Verantwortung in einem Großunternehmen" vorzuweisen; er habe durchaus Expertise bei Kapitalmarkt- und Investmentfragen - aber keine im Bereich Rechnungswesen, Controlling, Treasury und IT. Und, so monierten die Personalberater: Sidlo habe die Gabe, "recht ausweichend und ausschweifend" auf Fragen zu antworten, "um seine Agenda zu propagieren".
Sidlo selbst sieht keinen Anlass, seinen Posten zu räumen. Den Vorwurf, dass er für diesen Job ungeeignet sei und seine Bestellung nur wegen eines politischen Deals erfolgt sei, weist Sidlo in der "Presse" (Mittwochausgabe) zurück.
Er habe sich für den Job ganz normal beworben und sich nicht mit FPÖ-Funktionären disbezüglich abgesprochen, so der FPÖ-Bezirksrat in Wien. Er zeigte auch Unverständnis darüber, dass ihm seine Qualifikation abgesprochen werde, wo er doch fünf Jahre CFO der Sigma und auch bei der börsenotierten Conwert tätig gewesen sei. "Ich bin der richtige für den Job, ich bin Compliance-Experte und der einzige Jurist im Vorstand. Und ich weiß, wie die OeNB und die FMA ticken."
Er wisse nichts von Absprachen, die im Hintergrund seiner Bestellung abgelaufen sein sollen. Die strafrechtlichen Vorwürfe hätten sich bereits in Luft aufgelöst, so Sidlo. Seinen Posten als Casinos-Finanzdirektor wolle er daher "absolut" behalten, so der 45-Jährige, der auch keinen Grund sieht, sich von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus zu distanzieren. Er sei den beiden "freundschaftlich verbunden".
Der ehemalige Staatssekretär und nunmehrige FPÖ-Abgeordnete Hubert Fuchs wies die in der Casinos-Affäre gegen ihn erhobenen Vorwürfe indes als "absurd" zurück. Diese würden jeglicher Grundlage entbehren, so Fuchs. Um eine "rasche Aufklärung" zu ermöglichen, will er die Aufhebung seiner Immunität als Nationalratsabgeordneter beschleunigen.
Da die Vorwürfe nicht im Zusammenhang mit seinem Mandat als Abgeordneter stehen, bräuchte es ohnedies keine Zustimmung des Nationalrats zur Aufhebung. Der Parlamentsdirektion zufolge habe aber die Behörde eine Entscheidung des Nationalrats über das Vorliegen eines solchen Zusammenhanges einzuholen, wenn dies der betreffende Abgeordnete oder ein Drittel der Mitglieder des mit diesen Angelegenheiten betrauten ständigen Ausschusses verlangten. Darauf verzichte man, um eine "rasche Aufklärung" zu ermöglichen, ließ Fuchs wissen.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wies indes bei einer Pressekonferenz am Dienstag die in der anonymen Anzeige Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus zugeschriebene Passage, wonach man mit "schwarzer schwesterlicher Hilfe die bisherigen roten Zuwendungen gut umleiten" könne, ins Reich der Phantasie: "Daran ist nichts dran." Die SPÖ könne dazu nichts sagen, "weil es auch nichts gibt". Man sei von der Staatsanwaltschaft in keinerlei Weise informiert worden. Sie kenne den Sachverhalt nur aus den Medien.
In Sachen Ibiza-Ermittlungen will Peter Pilz (JETZT) wiederum eine Anfrage an Justizminister Clemens Jabloner stellen. Pilz will wissen, ob am Montag bei einer Dienstbesprechung der beteiligten Behörden erörtert worden sei, "ob die Soko Ibiza in Zukunft ohne ÖVP-Beamte ermittelt" und "ob es parteifreie Ermittlungen gibt oder ob der ÖVP nahestehende Personen weiter gegen oder für die ÖVP ermitteln." Die entscheidende Frage sei: "Hat es eine Weisung des Justizministeriums gegeben zu der Frage ÖVP-Beamte in den Ibiza-Ermittlungen?", so Pilz in Rust vor Journalisten. "Darauf wollen wir eine Antwort - und zwar nicht von irgendwem, sondern vom Justizminister."
Der ehemalige Vorstand der Casinos Austria AG (Casag), Dietmar Hoscher, klagt unterdessen den designierten FPÖ-Chef Norbert Hofer. Dieser hatte am Montag im ORF-"Sommergespräch" angedeutet, der als SPÖ-nahe geltende Hoscher habe jene anonyme Anzeige getätigt, die zu zahlreichen Hausdurchsuchungen u.a. bei Novomatic geführt hat.
Konkret hatte Hofer gemeint, die Anzeige sei von einem unzufriedenen SPÖ-nahen Ex-Manager gekommen, "der offenbar enttäuscht war, dass er den Job, den er gerne weiter hätte ausführen wollen", losgeworden war. "Dietmar Hoscher ist nach wie vor Angestellter der Casag. Der unwahre Vorwurf, er hätte ohne Rücksprache mit seinen Vorgesetzten eine anonyme Anzeige erstattet, die das Unternehmen ins Gerede bringt, ist eine klare Kreditschädigung", erklärte der Rechtsanwalt von Hoscher, Michael Pilz. Man werde Hofer auf Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs im ORF klagen.
Hoscher betont, dass er die Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft über mutmaßliche Malversationen anlässlich der Berufung des FPÖ-nahen Sidlo zum Vorstand der Casag "weder verfasst, noch unterstützt oder sonst wie befördert" hätte. Hoscher war bis Mai 2019 Vorstand der Casinos Austria AG, in dieser Funktion wurde sein Vertrag nicht verlängert. Seither ist er als angestellter Berater für das Unternehmen tätig.