Grundsätzlich ermöglicht die EU-Aufnahmerichtlinie (Artikel 8) die Inhaftierung von Asylwerbern. Zulässig ist das - neben verfahrenstechnischen Gründen wie Identitätsfeststellung und Beweissicherung - allerdings nur "wenn dies aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung erforderlich ist". Laut Innenministerium müsste dafür eine "tatsächliche gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr" nachgewiesen werden. Außerdem müsste die Haft auf das absolut Notwendige beschränkt werden.
Die EU-Kommission wollte zur österreichischen Debatte am Montag nicht Stellung nehmen. Man kommentiere nur fertige Gesetze, hieß es auf APA-Anfrage. Verwiesen wurde allerdings darauf, dass für die Inhaftierung eines Asylwerbers schwerwiegende Gründe wie eben die Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegen müssten.
Die von Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Sonntag genannte Zahl von 20 EU-Ländern, die eine Art "Sicherungshaft" bereits umgesetzt haben, war jedenfalls zu hoch gegriffen. Laut Ministeriumsangaben sind es 15 Länder (Irland, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Griechenland und Zypern).
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat zuletzt einen "Regierungsgipfel" für die nächsten Tage angekündigt, bei dem die Sicherungshaft besprochen werden soll. Neben Kurz sollen daran auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Innenminister Herbert Kickl (beide FPÖ), Staatssekretärin Karoline Edtstadler und Justizminister Josef Moser (beide ÖVP) teilnehmen. Ein Termin dafür wurde am Montag koordiniert, hieß es seitens der Regierung. Sowohl Kurz als auch Edtstadler betonten zuletzt, dass die Sicherungshaft nur mit einer richterlichen Genehmigung verhängt werden soll.
Ob die Regierung ihr Vorhaben überhaupt umsetzen kann, ist allerdings unklar. Sie bräuchte dazu die Zustimmung von SPÖ oder NEOS, weil dazu das Verfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit aufgeweicht werden müsste.