Der Kampf gegen das Erschleichen von Sozialleistungen wird verschärft. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kündigt an, dass die Polizei in den kommenden Wochen mehrere Schwerpunktaktionen durchführen wird. Karner sagte, dass im vergangenen Jahr 4900 Fälle von Sozialleistungsbetrug mit insgesamt mehr als 5000 Tatverdächtigen angezeigt wurden. Dies sei ein Plus von zehn Prozent, sowohl bei den Anzeigen als auch bei den Tatverdächtigen. Der Schaden, den diese Personen verursacht hätten, beläuft sich auf 23 Millionen Euro. 72 Prozent der Tatverdächtigen waren Fremde und mehr als die Hälfte der Anzeigen gibt es in Wien. Die Aufklärungsquote bei diesen Delikten liegt bei 99,5 Prozent.
Karner gab gemeinsam mit dem Leiter der Finanzpolizei, Wilfried Lehner, und dem Abteilungsleiter Gerald Tatzgern, in dessen Zuständigkeit auch die Bekämpfung von Sozialhilfebetrug fällt, einige Beispiele:
Armenier gaben sich als Syrer aus
Ein Mann, der angab, fast nichts mehr zu sehen, bezog Pflegegeld der Stufe 6: Gleichzeitig postet er auf sozialen Medien aber Fotos von einer Motorradtour.
Aufgedeckt wurden auch etliche Fälle, in denen armenische Staatsangehörige vorgaben, Syrer zu sein, dadurch Asyl bekamen und Sozialleistungen kassierten. Die vorgeblichen Syrer waren aber in Armenien gemeldet und hatten dort sogar Firmen und Grundstücke.
Betrug bei Bildungskarenz
Auch bei der inzwischen abgeschafften Bildungskarenz gab es etliche Fälle von Betrug. So wurden etwa auf einer Plattform Seminare und Ausbildungen angeboten. Diese wurden aber nie abgehalten, die Teilnehmerinnen buchten das Seminar, überwiesen das Geld, erhielten ein Zertifikat, das auf zehn, elf Monate vordatiert war, und konnten so ihr Einkommen beziehen.
Die Inhaberin eines gut gehenden Nagelstudios bezog über Jahre gleichzeitig Arbeitslosengeld und später Notstandshilfe.
Ärztin rechnete mehr als hundert Patienten ab - Leistung nie erbracht
Eine Iranerin vermietete ihre Wohnung in Wien, kassierte aber trotzdem die Mindestsicherung. Die Einnahmen aus der Miete hätte sie bei der Berechnung der Mindestsicherung angeben müssen. Die Wohnung konnte sie vermieten, da sie sowieso den Großteil des Jahres in Dubai wohnte.
Eine Ärztin hatte mehr als hundert Patientinnen und Patienten abgerechnet, obwohl die Leistungen nie erbracht wurden.
Eigene Homepage für Sozialleistungsbetrug
Tatzgern sagte, dass es bei Sozialhilfebetrug drei Schwerpunkte gebe: den widerrechtlichen Bezug der Ausgleichszulage zur Pension, obwohl die Bezieherinnen oder Bezieher im Ausland leben. Dabei werde ein Wohnsitz in Österreich vorgetäuscht. Zudem den Bezug von Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld, obwohl es gleichzeitig andere Einkünfte gibt, sowie den widerrechtlichen Bezug von Kinderbeihilfe. Der Leiter der Finanzpolizei, Wilfried Lehner, sagte, dass Sozialleistungsbetrug und Sozialbetrug häufig Hand in Hand gingen. So habe seine Behörde 197 Scheinfirmen allein im Jahr 2024 ermitteln können, dieses Jahr werden es wohl doppelt so viele sein. Bei vielen dieser Scheinfirmen würden dann auch Personen schwarz arbeiten, die gleichzeitig Sozialleistungen beziehen würden.
Um Sozialleistungsbetrug aufzudecken, gibt es beim Innenministerium sogar eine eigene Homepage. Die meisten der dort gemeldeten Fälle seien auch wahr.
