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Steinmeier eröffnete neue Deutsche Botschaft in Wien

Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Mittwoch im Rahmen eines Staatsbesuchs in Österreich mit seinem Amtskollegen Alexander Van der Bellen offiziell den Neubau der Deutschen Botschaft in Wien eröffnet. "Ein neues Haus zu bauen, ist auch ein Akt des Vertrauens", erklärte Steinmeier. "Man baut dort, wo man sich verstanden fühlt und eine Zukunft sieht." Van der Bellen bezeichnete die neue Botschaft als "Sinnbild für unsere enge Partnerschaft".

Steinmeier eröffnete neues Botschaftsgebäude in Wien
Steinmeier eröffnete neues Botschaftsgebäude in Wien

Es sei unglaublich, wie selbstverständlich "unsere Länder Seite an Seite gemeinsame Werte leben", ergänzte der deutsche Bundespräsident. Dazu gehöre mitunter auch "gemeinsamer Spott", scherzte Steinmeier. "Es ist gut, übereinander lachen zu können", weil das funktioniere nur unter "echten Freunden". Steinmeier erinnerte an ein Zitat, das gerne dem Schriftsteller Karl Kraus zugeschrieben werde, obwohl es nicht von ihm stamme: "Das Einzige, was Deutsche und Österreicher trennt, ist ihre gemeinsame Muttersprache." Der deutsche Botschafter in Österreich, Vito Cecere, wertete die Anwesenheit der beiden Staatsoberhäupter als starkes Signal der gegenseitigen Wertschätzung und "für ein starkes Europa".

Van der Bellen verwies auf Fürst Metternich

Van der Bellen bezog sich in seiner Ansprache auch auf die Adresse "Metternichgasse 3". Klemens Fürst Metternich sei zwar 1813 in Koblenz geboren worden, Karriere habe er aber in Österreich unter dem "Haus Habsburg" gemacht. "Es ist schon interessant, was damals möglich war, und heute nicht", hatte der Bundespräsident die Lacher auf seiner Seite. Nachsatz: "Ich denke schon, die Frage der Staatsbürgerschaft und der Europäischen Union gehört einmal diskutiert." Gelächter erntete Van der Bellen auch, als er von einem "nachbarschaftlichen Ereignis" sprach: "Wir wohnen gleich ums Eck, vielleicht fünf Minuten zu Fuß."

Österreich und Deutschland verbinde der "Wille zur Bewältigung der Zukunft", ergänzte der Bundespräsident. Das neue Gebäude zeige aber, "dass wir Antworten haben auf die Fragen unserer Zeit". Etwa: "Wie kann man in der Stadt dem Klimanotstand begegnen." Van der Bellen würdigte in diesem Zusammenhang, dass im Zuge des Neubaus "ein 150 Jahre alter Baum nicht gefällt, sondern stehen gelassen" worden sei. Das sei auch gut für die "Viecher", sagte Van der Bellen "auf gut Deutsch". Nachsatz: "Es gibt sicher Bienen hier." Prinzipiell handle es sich um einen "neuen Ort des Austauschs" sowie um "ein neues Kapitel der deutschen Diplomatie in Österreich und ein Sinnbild für unsere enge Partnerschaft".

Ordensverleihung an Landesgerichtspräsidenten Forsthuber

Das dunkelste Kapitel in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern sei die nationalsozialistische Herrschaft in Österreich nach dem Einmarsch deutscher Truppen im Jahr 1938 gewesen, hatte Steinmeier zuvor bei der Verleihung des "Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland" an Friedrich Forsthuber, den Präsidenten des Wiener Landesgerichts für Strafsachen Wien, erklärt. Der Jurist habe herausragende Verdienste bei der historischen Aufarbeitung der Verbrechen der NS-Justiz in Österreich, betonte Steinmeier in seiner Laudatio.

Es sei wichtig daran zu erinnern, wie der Nationalsozialismus den Rechtsstaat systematisch zerstört habe. "Der Dolch des Mörders verbarg sich unter der Robe des Richters", zitierte Steinmeier aus den Akten der "Nürnberger Prozesse" gegen führende Repräsentanten des NS-Staates ab Ende 1945 bis 1949. Auf Initiative Forsthubers war vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien ein Mahnmal zur Erinnerung an alle Opfer der NS-Justiz errichtet und 2015 enthüllt worden.

Neubau der Botschaft um 45,5 Millionen Euro

Das rund 45,5 Millionen Euro teure Gebäude der neuen Deutschen Botschaft in der Metternichgasse 3 (Wien-Landstraße) beherbergt auch die Ständige Vertretung Deutschlands bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Insgesamt sind dort rund 100 Personen beschäftigt. Diese Doppelfunktion bezeichnete Steinmeier auch als "Symbol für unsere bilaterale Freundschaft und multilaterale Verantwortung".

Der moderne Neubau wurde von den Leipziger Architekten Ansgar und Benedikt Schulz gestaltet, die im Jahr 2016 einen entsprechenden Wettbewerb für sich entschieden hatten. "Die Architektur der Botschaft vermittelt Offenheit und Leichtigkeit und tritt in einen sichtbaren Dialog mit dem städtischen Umfeld des Gastgeberlandes", heißt es dazu in einer entsprechenden Pressemappe.

Deutsche Auslandsvertretung seit 1879 beim Unteren Belvedere ansässig

Seit 1879 ist die deutsche Auslandsvertretung in Österreich im Botschaftsviertel nahe dem Unteren Belvedere ansässig. Das ursprüngliche Palais wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und in den 1950er Jahren durch einen damaligen Neubau ersetzt. Das jetzige neue Botschaftsgebäude profitiere - wie schon seine beiden Vorgängerbauten an gleicher Stelle - von der großzügigen Distanz zu den umliegenden Straßen, wird in dem Konzept weiter betont. Ein weitläufiger Garten umrahme das Ensemble und verleihe ihm "ein markantes Alleinstellungsmerkmal in seiner Umgebung".

Projekt auf Nachhaltigkeit ausgerichtet

Das Projekt sei zudem auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Das betreffe sowohl den Energie- als auch den Wasserhaushalt. So wird das gesammelte Niederschlagswasser in einer Zisterne gespeichert und für die Bewässerung des Gartens sowie zur Verdunstung genutzt. "Überschüssiges Wasser versickert kontrolliert über eine Rigole im Residenzgarten."

In den Büro- und Wohnbereichen sei eine natürliche Fensterlüftung möglich, wodurch der Energiebedarf für die Raumkonditionierung zusätzlich reduziert wird. Hohe Fensterflächenanteile sollen eine "ausgezeichnete Tageslichtversorgung" ermöglichen. "Alle Innen- und Außenbereiche sind außerdem vollständig barrierefrei gestaltet."

Gespräch mit Jugendlichen

Van der Bellen und Steinmeier hatten sich zuvor in der Präsidentschaftskanzlei mit Jugendlichen über nationale und internationale Politik ausgetauscht. Zuvor lauschten die beiden Staatsoberhäupter einer Podiumsdiskussion junger Erwachsener von PolEdu, einem Verein, der sich für mehr politische Bildung an Schulen einsetzt. "Wenn jemand die Zukunft Europas bestimmen kann, dann sind Sie das", sagte Van der Bellen zu den Jugendlichen, die in die Präsidentschaftskanzlei gekommen waren.

Es sei "ein Wunder", dass es die EU gebe, so der Bundespräsident, und hob "mittlerweile selbstverständliche" Errungenschaften wie die Reisefreiheit hervor. "Wir haben uns auch daran gewöhnt, dass unsere Sicherheit gewährleistet ist." Darauf könne man sich mittlerweile nicht mehr verlassen.

Die "Stimmung in Europa" machte wiederum Steinmeier Sorgen. "Das Zugehörigkeitsgefühl zur EU wird in jenen Staaten stärker gespürt, die noch nicht Teil der Union sind", ärgerte sich der deutsche Staatschef. Das "ständige Nörgeln" innerhalb und über die Union sei immer häufiger zu hören.

Besuche bei Rheinmetall und im Max Reinhardt Seminar

Weiters standen am Mittwoch Besuche bei Rheinmetall MAN Military Vehicles in Wien-Liesing und im Max Reinhardt Seminar in Wien-Penzing am Programm. In der Schauspielschule bekam die Delegation des deutschen Bundespräsidenten einen Ausschnitt aus der Diplominszenierung "Keine Hoffnung, Baby!" des Regiestudierenden Jakob Leanda Wernisch zu sehen. Im Anschluss folgte eine kurze Diskussion mit dem Regisseur sowie den Darstellerinnen und Darstellern, an der auch der Schauspieler und Max-Reinhardt-Seminar-Absolvent Philipp Hochmair teilnahm.

Im Anschluss reiste der Tross per Bahn nach Innsbruck weiter. In Tirol folgt am Donnerstag ein Besuch der Baustelle des Brenner-Basistunnels gemeinsam mit dem ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle sowie eine Visite in der Landeshauptstadt.

Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender waren am Dienstag in Wien von Van der Bellen und dessen Frau Doris Schmidauer mit militärischen Ehren begrüßt worden. In einer gemeinsamen Pressekonferenz hatten Steinmeier und Van der Bellen unter anderem die Notwendigkeit europäischer Kooperation und neuer Sicherheitskonzepte angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine betont.