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Verbot des Pflegeregresses gilt auch für offene Verfahren

Seit 1. Jänner ist der Pflegeregress abgeschafft. Unklar war bisher, wie mit offenen Verfahren umgegangen wird. Der OGH stellte nun in einem Urteil fest, dass das Verbot des Pflegeregresses auch Sachverhalte vor dem 1. Jänner erfasst. Das heißt, dass der Zugriff auf Vermögen von Heimbewohnern, Angehörigen und Erben nicht mehr zulässig ist, auch wenn die Leistung vor Jahresbeginn erbracht wurde.

Im konkreten Fall wurde vom Erben Geld für Pflege und Betreuungskosten seiner Mutter im Jahr 2013 gefordert. Diese war nach einem Krankenhausaufenthalt zur Kurzzeitpflege in einer Einrichtung gewesen. Über 22.000 Euro forderte der Fond, eine Einrichtung der Stadt Wien, vom Sohn. Das Erstgericht entschied noch vor Jahresbeginn und gab der Klage statt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) als Berufungsgericht wies das Klagebegehren am 30. April ab, mit Verweis darauf, dass der Pflegeregress abgeschafft worden war.

Der OGH stellt klar, dass das Verbot auf Vermögen zur Abdeckung der Kosten für die stationäre Aufnahme in Pflegeeinrichtung auch dann zum Tragen kommt, wenn die Leistung des Sozialhilfeträgers vor 1. Jänner erbracht wurde und das Verfahren zur Durchsetzung eines solchen Anspruchs vor dem Stichtag anhängig gemacht wurde. Laut dem Höchstgericht gilt dies auch im Rechtsmittelverfahren - also wenn es noch kein rechtskräftiges Urteil vor dem 1. Jänner gibt.

Mehrere Bundesländer hatten auch nach dem 1. Jänner von Erben Geld für Pflegeleistungen verstorbener Angehöriger gefordert. Für sie ist dieses Urteil "sehr gut und richtungsweisend, der OGH hat Unklarheiten bereinigt", sagte Anwalt Johann Pauer, der selbst mehrere Erben in Pflegeregress-Angelegenheiten vertritt, im Gespräch mit der APA. "Es ist völlig egal, wann die Pflegeleistung erbracht wurde, es kommt ausschließlich darauf an, wann das Land auf das Vermögen zugreifen will", konkretisierte Pauer. "Auch wenn es in Zivilprozessen grundsätzlich keine Verfahrenseinstellung gibt, hat der OGH die Formulierung des Gesetzgebers, wonach 'laufende Verfahren einzustellen sind', so ausgelegt, dass die materiellrechtliche Anspruchslage wegfällt", erklärte der Rechtsanwalt.

Das heißt, dass sämtliche anhängige Klagen in Zusammenhang mit dem Pflegeregress von Gerichten abzuweisen sein werden, betonte er. Die Bundesländer können den Pflegeregress nicht mehr geltend machen, "außer eben es gibt ein rechtskräftiges Urteil vor dem 1. Jänner". "Bleibt zu hoffen, dass die Länder sich nunmehr darauf besinnen, mit dem Bund eine Einigung über den finanziellen Ausgleich zu erzielen und es künftig unterlassen, sich bei den kleinen Bürgern zu regressieren", sagte Pauer.