Worum geht es beim Epstein-Fall?
Der einflussreiche US-Multimillionär Epstein hatte über viele Jahre einen Missbrauchsring betrieben, dem Dutzende junge Frauen und Minderjährige zum Opfer fielen. Dabei verging er sich auch selbst an seinen Opfern. Nach seiner Festnahme und Verurteilung als Straftäter starb der Finanzier aus New York 2019 mit 66 Jahren in seiner Gefängniszelle. Im Obduktionsbericht wurde Suizid als Todesursache genannt.
Epsteins plötzlicher Tod und seine breiten Kontakte in die amerikanische High Society lösten Spekulationen über die mögliche Verwicklung einflussreicher Kreise aus. Vor seiner Festnahme waren Prominente und Milliardäre bei ihm ein und aus gegangen - auch Trump verbrachte Zeit mit Epstein, wie mehrere Party-Videos belegen. Zu dem Fallkomplex gibt es umfangreiche Akten, aus denen bisher nur Auszüge bekannt sind.
Trumps ungeliebtes Thema kommt zurück
Im Wahlkampf versprach Trump, die Epstein-Akten vollständig offenzulegen. Weil dieses Versprechen seit seinem Amtsantritt im Jänner jedoch nicht eingelöst wurde, steht der Präsident unter wachsendem Druck. Während die US-Regierung versucht, die Epstein-Affäre an Trump abperlen zu lassen und maximale Distanz zwischen dem Präsidenten und dem Sexualstraftäter zu bringen, lassen die Demokraten nicht locker. Für die Opposition ist das heikle Thema auch ein willkommenes Instrument, um Trump unter Druck zu setzen.
Wegen des Shutdowns - des Teilstillstands der Regierungsgeschäfte infolge des Budgetstreits - tagte das Repräsentantenhaus viele Wochen lang nicht. Doch jetzt ist die Blockade zumindest vorübergehend gelöst - und der Fall Epstein holt den US-Präsidenten mit einem Schlag wieder ein.
E-Mails lassen Fall wieder hochkochen
Demokraten im US-Kongress veröffentlichten am Mittwoch drei E-Mail-Auszüge, die aus dem Nachlass Epsteins stammen sollen und bisher nicht publik gemacht worden waren. In diesen E-Mails taucht der Name Trump auf. Das Weiße Haus sprach auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur von Verleumdung und Falschdarstellung durch eine selektive Auswahl von E-Mails. Dass deren eigentlicher Inhalt falsch sei, behauptete die Regierungszentrale nicht. Später veröffentlichten die Republikaner rund 20.000 Seiten Mailverkehr aus Epsteins Nachlass.
Zu den drei E-Mail-Auszügen: Die private Korrespondenz soll in einem Fall zwischen Epstein und seiner ebenfalls verurteilten Komplizin Ghislaine Maxwell stattgefunden haben, in den anderen Fällen zwischen Epstein und US-Bestsellerautor Michael Wolff. In einem E-Mail an Wolff aus dem Jahr 2019 schrieb Epstein, ein verurteilter Sexualstraftäter, dass Trump "von den Mädchen wusste", obwohl unklar war, was dieser Satz bedeutete. In einem weiteren E-Mail aus dem Jahr 2019 sagte Epstein, Trump sei "oft zu mir nach Hause gekommen" und habe "nie eine Massage bekommen".
Die neuen Veröffentlichungen werfen erneut die Frage auf, über die seit Monaten diskutiert wird: Hat Trump von Epsteins Taten gewusst und trägt er eine Mitschuld? Epsteins Nachlass wird derzeit von einem Kongressausschuss überprüft. Die veröffentlichten E-Mail-Auszüge sollen aus den Jahren 2011, 2015 und 2019 stammen.
Die Sprecherin der US-Regierung, Karoline Leavitt, betonte in ihrer Stellungnahme, es handle sich um böswillige Versuche, von den Erfolgen Trumps abzulenken. Jeder US-Amerikaner mit gesundem Menschenverstand könne den Schwindel durchschauen.
"Die Demokraten versuchen, die Jeffrey-Epstein-Affäre wieder aufzuwärmen, weil sie alles tun würden, um davon abzulenken, wie schlecht sie beim Shutdown und bei so vielen anderen Themen abgeschnitten haben", schrieb Trump am Mittwochnachmittag auf seiner Plattform Truth Social.
Taktischer Schachzug der Demokraten?
Die E-Mail-Auszüge wurden kurz vor einer Sitzung des Repräsentantenhauses veröffentlicht, in der eine neue Demokratin als Abgeordnete vereidigt wurde. In ihrer anschließenden Rede sagte Adelita Grijalva, sie werde eine Petition unterzeichnen, mit der die Demokraten eine Abstimmung zur Offenlegung der Epstein-Akten erzwingen wollen. Mit Grijalva erreichten die Demokraten die nötige Schwelle von 218 Unterschriften. Später kündigte Johnson, der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Abstimmung für nächste Woche an.
"Es ist höchste Zeit, dass der Kongress seine Rolle als Kontrollinstanz dieser Regierung wiederherstellt", sagte Grijalva. Auch unter den Republikanern gibt es einzelne Unterstützer dieser Petition. Es könnte daher sein, dass auch Abgeordnete der Trump-Partei dafür stimmen und so den Demokraten in der Opposition zu einer Mehrheit verhelfen.
Die republikanische Abgeordnete Lauren Boebert berichtete gegenüber Journalisten von einem Treffen mit Vertretern des Weißen Hauses am Mittwoch. Boebert sagte, es habe "keinen Druck" gegeben und fügte hinzu, dass sie die Petition weiterhin unterstütze. Ihre Parteikollegin Nancy Mace, die öffentlich über ihre Erfahrungen als Überlebende sexueller Gewalt gesprochen hat, werde ihren Namen "aufgrund ihrer persönlichen Geschichte" nicht aus der Petition streichen, sagte ihre Sprecherin.
(Quelle: APA/dpa/Reuters)
