Davie und Turness erklärten ihren Rücktritt am Vortag eines geplanten Auftritts von BBC-Chef Samir Shah in einem Parlamentsausschuss. Shah war in der Angelegenheit auch von Kulturministerin Lisa Nandy kontaktiert worden. Diese bezeichnete die Vorwürfe gegen die Rundfunkanstalt am Sonntag auf BBC News als "äußerst schwerwiegend". In Medienberichten war daraufhin mit einer Entschuldigung der Rundfunkanstalt gerechnet worden.
Davie leitete die BBC seit 2020. Er erklärte am Sonntag, die Entscheidung zum Rücktritt habe er alleine getroffen. Er werde noch einige Monate im Amt bleiben, bis ein Nachfolger gefunden sei. Aus dem Umfeld des Senders hieß es, die Entscheidung habe den BBC-Verwaltungsrat überrascht. Kulturministerin Nandy dankte Davie für seine Arbeit und sagte, er habe den Sender durch eine Zeit bedeutender Veränderungen geführt.
Rede vor Kapitol-Sturm bearbeitet
Die Zeitung "The Daily Telegraph" hatte am Dienstag berichtet, dass die BCC in ihrem Nachrichtenformat "Panorama" Teile der von Trump am 6. Jänner 2021 vor der Erstürmung des Kapitols in Washington gehaltenen Rede montiert habe. In der nach seiner Niederlage bei der Wahl gegen Ex-Präsident Joe Biden gehaltenen Rede behauptete Trump, um den Wahlsieg betrogen worden zu sein, daher sollten seine Anhänger "kämpfen wie der Teufel". Am selben Tag stürmten tausende seiner Anhänger das Kapitol in Washington.
In der unbearbeiteten Aufnahme der Rede sagt Trump an einer Stelle: "Wir werden zum Kapitol marschieren und unsere tapferen Senatoren und Abgeordneten im Kongress anfeuern." In einem deutlich späteren Abschnitt der Rede erklärte Trump dann mit Blick auf das Wahlergebnis, es sei etwas schief gelaufen, das könne nicht sein, "und wir kämpfen, kämpfen wie der Teufel". In der BBC-Dokumentation wurden die beiden Sätze direkt aneinander gefügt, sodass der Eindruck verstärkt wird, Trump habe seine Anhänger direkt zum Sturm auf den Sitz des US-Kongresses aufgerufen.
Wegen seiner Rolle bei der Erstürmung des Kapitols wurde Trump im Jahr 2023 unter anderem wegen Verschwörung zur Behinderung einer offiziellen Amtshandlung sowie zum Betrug an den Vereinigten Staaten angeklagt. Aber nach Trumps Wahlsieg am 5. November 2024 sah sich der Sonderermittler Jack Smith gezwungen, das Strafverfahren gegen den Rechtspopulisten einzustellen.
Dokumentation war kurz vor US-Präsidentenwahl ausgestrahlt worden
Die Dokumentation mit dem Titel "Trump: A Second Chance?" (Trump: Eine zweite Chance?) war eine Woche vor der US-Präsidentenwahl am 5. November ausgestrahlt worden. Ministerin Nandy zeigte sich Stunden vor dem Rücktritt des BBC-Generaldirektors "zuversichtlich", dass die Leitung des Senders "die Angelegenheit mit der nötigen Ernsthaftigkeit behandle". Es gehe nicht nur um die Sendung "Panorama", sondern "um eine Reihe sehr schwerwiegender Vorwürfe, von denen der schwerwiegendste lautet, dass es bei der Berichterstattung über schwierige Themen bei der BBC eine systemische Voreingenommenheit gibt", erklärte die Ministerin für Kultur, Medien und Sport weiter.
BBC seit Jahren im Zentrum von Kontroversen
Die British Broadcasting Corporation (BBC) bietet eine breite Palette an Fernseh-, Hörfunk- und Online-Programmen und genießt weltweit hohes Ansehen. Im eigenen Land steht der Sender aber seit Jahren unter Druck, seine Verpflichtung zur Unparteilichkeit aufrechtzuerhalten. Die BBC wird durch eine Gebühr finanziert, die von allen Haushalten mit Fernsehgeräten gezahlt wird. Dieses Finanzierungsmodell sowie eine als liberal wahrgenommene Haltung des Senders stoßen bei einigen nationalen Zeitungen und Social-Media-Portalen seit längerem auf heftige Kritik.
In den vergangenen Jahren hatte die BBC wiederholt mit Kontroversen zu kämpfen. So führte ein Streit über Äußerungen des Sportmoderators Gary Lineker zur Einwanderung zu einem kurzzeitigen Streik von Mitarbeitern, nachdem der Sender ihn vom Dienst suspendiert hatte. Kritiker warfen der BBC vor, sich dem Druck der damaligen konservativen Regierung gebeugt zu haben. Zudem wurde der Sender für die Ausstrahlung eines Auftritts des Punk-Rap-Duos Bob Vylan kritisiert, das sich gegen das israelische Militär aussprach. Eine Dokumentation über den Gazastreifen wurde zurückgezogen, weil darin der Sohn eines stellvertretenden Ministers der von der Hamas geführten Regierung vorkam.
(Quelle: APA/Reuters/AFP)
