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Brexit-Verhandlungen dauern länger als geplant

Die Gespräche über den Brexit werden beim informellen EU-Gipfel in Salzburg fortgesetzt. Brexit-Hardliner setzen die britische Premierministerin Theresa May unter Druck. Zudem besteht die Angst vor einem "No-Deal", einen Austritt ohne Abkommen.

Brexit-Hardliner setzen die britische Premierministerin Theresa May unter Druck. Beim Gipfel in Salzburg am Donnerstag könnte klarer werden, ob es zu einem Brexit-Sondergipfel in Brüssel kommt. Denn dass ein Abkommen bis Oktober fertig sein wird ist unwahrscheinlich.
Brexit-Hardliner setzen die britische Premierministerin Theresa May unter Druck. Beim Gipfel in Salzburg am Donnerstag könnte klarer werden, ob es zu einem Brexit-Sondergipfel in Brüssel kommt. Denn dass ein Abkommen bis Oktober fertig sein wird ist unwahrscheinlich.

Großbritannien wird die Europäische Union am 29. März 2019 verlassen. Bisher sprachen beide Seiten immer davon, dass ein Abkommen bis Oktober fertig sein sollte. Dieser Termin dürfte aber wohl nicht halten, in Brüssel wird nun ein Brexit-Sondergipfel im November nicht mehr ausgeschlossen. Beim Gipfel in Salzburg am Donnerstag könnte klarer werden, ob es dazu wirklich kommt.

In Kraft treten kann der Brexit ohnehin erst nach Absegnung des Austrittsvertrags durch das britische und Europäische Parlament. In Brüssel dürfte es wenig Widerstand geben, wenn die Rechte der europäischen Bürger in Großbritannien geregelt und die Nordirland-Frage gelöst werden. Die Nordirland-Frage könnte mit dem von der britischen Premierministerin Theresa May nach dem Regierungs-Landsitz Chequers benannten Plan gelöst werden. Dieser sieht die Schaffung einer Freihandelszone mit Gütern sowie weiter enge Beziehungen zur EU vor.

Grenzkontrollen zwischen Irland und Nordirland wären nicht nötig und auch die nordirischen Unionisten, die Mays Regierung in London stützen, könnten dem zustimmen. Allerdings wird der Brexit-Chefverhandler der EU, der Franzose Michel Barnier, Mays Ideen wohl nicht so leicht zustimmen. Den bisher war seine Verhandlungsmaxime, dass die vier Grundfreiheiten des Binnenmarkts - freier Warenverkehr, Personenfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit und freier Kapital- und Zahlungsverkehr - untrennbar seien.

Zweifelsohne gibt es auch die Angst in der EU, dass ein zu großes Entgegenkommen gegenüber Großbritannien die europaskeptischen Kräfte bei den nächsten Wahlen zum EU-Parlament stärken würde. In der EU gibt es auch Befürchtungen, dass die Idee Londons, am freien Markt für Dienstleistungen nicht teilnehmen zu wollen, Begehrlichkeiten für Ausnahmen in anderen EU-Staaten wecken würde.

Mit Sicherheit müssten die Briten aber weiterhin ins EU-Budget einzahlen, ohne dafür ein Mitspracherecht zu haben, so wie Norwegen und die Schweiz. Bern verhandelt derzeit ein Rahmenabkommen mit Brüssel. An der Frage, wieweit sich die Schweiz der Judikator des Europäischen Gerichtshofs unterwerfen muss, spießt es sich noch. Gerade die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist aber den Brexiteers immer schon ein Dorn im Auge gewesen.

Die europäische und die britische Wirtschaft fürchten freilich einen harten Brexit, einen "No-Deal", einen Austritt ohne Abkommen. Daher werden die Verhandler wohl alles versuchen, um dies zu vermeiden, denn der wirtschaftliche Schaden wäre auf beiden Seiten hoch, wenn auch auf der britischen Seite des Kanals wohl noch um einiges höher. Gültig wären dann die Regeln der Welthandelsorganisation. Und aus Sicht der EU würden die WTO-Regeln auch Grenzkontrollen zwischen Irland und dem britischen Nordirland unumgänglich machen.

In Großbritannien ist das Verhältnis zwischen Gegnern und Befürwortern eines Brexits so verspannt, dass auch die neuesten Umfragewerte, die eine klare Mehrheit gegen den Brexit ergeben, nichts daran ändern werden. Die Regierung in London hat ein zweites Referendum jedenfalls schon ausgeschlossen. Zu einem solchen könnte es allenfalls bei einem Sturz der Regierung May kommen. Allerdings gilt Labour-Chef Jeremy Corbyn als alles andere denn als begeisterter Europäer. Doch selbst wenn May stürzen sollte, gingen sich Neuwahlen und die Bildung einer neuen Regierung wohl nicht bis Ende März 2019 aus.

In Sicherheit kann sich May dennoch nicht wiegen, denn die Tory-Brexiteers, die sich in der "European Research Group" (ERG) versammelt haben, wollen einen weichen Brexit mit allen Mitteln verhindern. Aus Kreisen der ERG heißt es, dass mindestens 80 konservative Parlamentarier gegen den von Premierministerin Theresa May vorgelegten Chequers-Plan stimmen würden.

Unklar ist aber, ob die konservativen Brexiteers es schaffen würden, May zu stürzen. Die für ein Misstrauensvotum notwendigen 48 Stimmen würden sie sicher zusammenbekommen. Um sie abzuwählen, wären aber 158 Stimmen nötig. Scheitert das Misstrauensvotum, verbieten die Parteistatuten ein weiteres Misstrauensvotum innerhalb eines Jahres.

Brexit-Minister Domenic Raab zeigte sich am Freitag nach einem Telefonat mit Barnier zuversichtlich, indem er meinte: "Wir bekräftigten unsere Bereitschaft, uns die notwendige Zeit und Energie zu gewähren, um diese Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende zu bringen."