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Die Wehrpflicht-Debatte in Deutschland alarmiert Eltern

Beratungsstellen für Kriegsdienstverweigerung werden nach eigenen Angaben mit Anfragen von besorgten Eltern geflutet.

Die deutsche Regierung ringt um ein neues Wehrdienstgesetz, das am 1. jänner in Kraft treten soll.
Die deutsche Regierung ringt um ein neues Wehrdienstgesetz, das am 1. jänner in Kraft treten soll.

Eine Mehrheit der Deutschen ist gegen ein Losverfahren im Zuge eines neuen Wehrdienstgesetzes. In einer Umfrage des Instituts Insa für die "Bild am Sonntag" hielten 60 Prozent eine Regelung für falsch, bei der - wenn es zu wenige Freiwillige gibt - gelost werden soll, wer gemustert und unter Umständen zu einem sechsmonatigen Wehrdienst verpflichtet wird. Nur 21 Prozent der Befragten befürworteten eine solche Lösung. Elf Prozent gaben an, ihnen sei die Regelung egal, acht Prozent machten keine Angaben.

Die deutsche Regierung ringt um ein neues Wehrdienstgesetz, das zum 1. Jänner in Kraft treten soll. Der Wehrdienst soll zunächst auf Freiwilligkeit beruhen. Der Streit der vergangenen Tage drehte sich vor allem darum, wie verfahren werden soll, wenn sich nicht genügend Freiwillige für die Bundeswehr finden und ob künftig alle jungen Männer wieder gemustert werden sollen. Dafür setzt sich Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ein.

Verteidigungsminister Pistorius: "Auch das ist Abschreckung."

Fachpolitiker von Union und SPD schlugen stattdessen vor, bei zu niedrigen Freiwilligenzahlen junge Männer per Losverfahren zur Musterung und, wenn nötig, später auch per Zufallsauswahl für einen Pflichtdienst heranzuziehen.

Pistorius hält eine Musterung aller jungen Männer für ein abschreckendes Signal gegenüber Russland. "Wenn wir wieder alle Männer eines Jahrgangs mustern und die Daten aller Wehrfähigen erheben, wird das auch in Russland wahrgenommen. Anders ausgedrückt: Auch das ist Abschreckung!", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag".

Sollte der Verteidigungsfall eintreten, den es zu verhindern gelte, trete nach dem Grundgesetz die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht unmittelbar wieder in Kraft. "Dann müssen wir wissen, wer einsatzbereit ist und wer nicht", sagte der Minister.

Eine Folge der Wehrdienstdebatte: Beratungsstellen für Kriegsdienstverweigerung registrieren nach eigenen Angaben immer mehr Zulauf von besorgten Eltern. "Wir werden gerade nahezu überflutet von Anfragen", sagte der politische Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFGVK), Michael Schulze von Glaßer, am Sonntag.