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Schwerster Drohnenangriff gegen Ukraine seit Kriegsbeginn

Bei den schwersten russischen Drohnenangriffen seit Kriegsbeginn sind in der Nacht auf Sonntag dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge vier Menschen getötet worden. Dutzende seien allein in Kiew verletzt worden, schrieb er in den sozialen Medien. Demnach kamen die Menschen in der Hauptstadt, der Grenzregion Sumy und in Tschernihiw ums Leben. Nach Behördenangaben wurden in Kiew eine Mutter und ihr drei Monate alter Sohn getötet.

Auch ein Regierungssitz in Kiew geriet in Brand
Auch ein Regierungssitz in Kiew geriet in Brand

Mehr als 20 Häuser und ein Kindergarten seien bei russischen Angriffen auf Saporischschja beschädigt worden, schrieb Selenskyj. In seiner Geburtsstadt Krywyj Rih seien Lagerhäuser zerstört und in Odessa ein Hochhaus getroffen worden.

"Die Welt kann die Kreml-Verbrecher zwingen, das Töten zu beenden - es braucht nur den politischen Willen", schrieb Selenskyj. Er kritisierte auch die USA. In Washington sei mehr als einmal gesagt worden, dass auf die Weigerung zu verhandeln Sanktionen folgen würden.

Ukrainisches Hauptregierungsgebäude getroffen

Beim bisher größten russischen Drohnenangriff auf die Ukraine seit Kriegsbeginn wurde in Kiew erstmals das Hauptgebäude der Regierung getroffen. Nach ukrainischen Angaben feuerte Russland in der Nacht auf Sonntag 805 Drohnen und 13 Raketen ab. Dies sei die höchste Zahl an Drohnen, die Russland seit Beginn der Invasion im Februar 2022 bei einem einzelnen Angriff eingesetzt habe. Die Luftabwehr habe 751 Drohnen und vier Raketen abgefangen.

"Zum ersten Mal wurde das Regierungsgebäude durch einen feindlichen Angriff beschädigt - sein Dach und die oberen Stockwerke", teilte Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko über den Nachrichtendienst Telegram mit. Reporter der Nachrichtenagentur Reuters beobachteten, wie die oberste Etage des Gebäudes im historischen Stadtteil Petschersk nach Sonnenaufgang in Flammen stand und dichter Rauch in den Himmel stieg.

Der Leiter der Militärverwaltung der Hauptstadt, Timur Tkatschenko, teilte mit, dass die Leiche eines Kleinkinds aus den Trümmern eines vierstöckigen Wohnhauses im Stadtteil Darnyzkyj geborgen wurde. Dort sei auch eine junge Frau ums Leben gekommen. Bürgermeister Vitali Klitschko meldete zudem den Tod einer älteren Frau in einem Luftschutzbunker. Insgesamt wurden laut staatlichem Notdienst 18 Menschen verletzt, darunter eine schwangere Frau.

Die Zerstörung in der Hauptstadt war groß: Herabfallende Drohnentrümmer lösten Brände in mehreren Hochhäusern aus, darunter war auch ein 16-stöckiges Gebäude. Im westlichen Stadtteil Swjatoschynskyj wurden mehrere Etagen eines neunstöckigen Wohnhauses teilweise zerstört. Tkatschenko warf Russland auf Telegram vor, "absichtlich und bewusst zivile Ziele anzugreifen". Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte laut russischen Nachrichtenagenturen mit, die Streitkräfte hätten die Rüstungsindustrie und die Verkehrsinfrastruktur der Ukraine ins Visier genommen. Zudem seien Luftwaffenstützpunkte attackiert worden. Beide Seiten bestreiten, bei den Angriffen Zivilisten ins Visier zu nehmen.

Angriffe auf weitere Städte in der Ukraine

Die Angriffe beschränkten sich nicht auf die Hauptstadt. Auch aus den zentralukrainischen Städten Krementschuk, Krywyj Rih und der südlichen Hafenstadt Odessa wurden Explosionen und Schäden gemeldet. Aufgrund der Bedrohungslage alarmierte das benachbarte Polen seine Luftwaffe, um den eigenen Luftraum zu sichern.

Fast zeitgleich meldete die Ukraine einen Gegenschlag: Der Kommandant der ukrainischen Drohnenstreitkräfte, Robert Browdi, erklärte, man habe die Ölpipeline "Druschba" in der russischen Region Brjansk angegriffen und in Brand gesetzt. Über diese Pipeline wird russisches Öl nach Ungarn und in die Slowakei geliefert. Sie wurde bereits mehrfach durch ukrainische Angriffe unterbrochen. Die Regierung in Kiew bezeichnet solche Angriffe als legitime Antwort auf den russischen Einmarsch.

Ministerpräsidentin Swyrydenko forderte erneut mehr Waffen für ihr Land. "Wir werden die Gebäude wieder aufbauen", sagte sie mit Blick auf das getroffene Regierungsgebäude. "Aber Tote kann man nicht wieder lebendig machen."

Das österreichische Außenministerium verurteilte die russischen Angriffe in den Online-Netzwerken X und Bluesky. "Gestern Abend startete Russland einen weiteren brutalen Luftangriff auf #Ukraine , der zivile Opfer forderte. Der Druck auf Russland, einschließlich Sanktionen, muss weiter erhöht werden!", so die Stellungnahme.