In dem Abrissbescheid für den Teil des Gebäudes, den Rosandić präsentierte und der der APA in beglaubigte Übersetzung vorlag, schreibt die Bauinspektion der Stadt Bihać zur Begründung, dass es keinerlei Genehmigung öffentlich zuständiger Stellen für den Bau gebe. Es liege "mehrfacher Rechtsbruch" vor, betonte der Gründer von SOS Balkanroute.
Amnesty: "Großer Erfolg"
Das bosnische Sicherheitsministerium hat nach Angaben des bosnischen Menschenrechtsministers Einspruch gegen den Bescheid eingelegt. Der Minister, SOS Balkanroute sowie Amnesty Österreich feierten den Abrissbescheid dennoch als "wichtigen Erfolg". Es sei nicht nur ein "Sieg für die Geflüchteten auf der Balkanroute, sondern auch für alle, die sich für Gerechtigkeit einsetzen", sagte Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.
Österreich habe die Errichtung des Camps mit 1,1 Millionen Euro finanziert - "möglicherweise auch mit mehr", so Rosandić. In die - illegale - Errichtung des Gefängnisses seien zudem 500.000 Euro an EU-Kommissionsgeldern geflossen.
Rosandić fordert Ermittlungen durch OLAF
Rosandić sah deshalb die Anti-Korruptionsbehörde der EU (OLAF) am Zug. Sie müsse sowohl die Rolle des in Wien ansässigen Internationalen Zentrums für Migrationspolitik (ICMPD), das das Camp miterrichtet hatte, als auch jene des damals verantwortlichen EU-Kommissars Olivér Várhelyi, beleuchten. Für eine neue schwarz-rot-pinke Bundesregierung sei es außerdem eine "Chance, aufzuräumen und daraus zu lernen". Der Ball liege nun auch beim designierten österreichischen EU-Migrationskommissar Magnus Brunner, der prüfen müsse, wohin EU-Gelder wirklich fließen.
Die Errichtung des Inhaftierungstraktes für die Anhaltung gewalttätiger Migranten innerhalb des Camps hatte im vergangenen Jahr für Schlagzeilen gesorgt. SOS Balkanroute bezeichnete die Internierungsanstalt als österreichisches "Guantanamo" und setzte sich gemeinsam mit anderen Nichtregierungsorganisationen sowie bosnischer Politiker wie etwa Hurtić gegen deren Inbetriebnahme ein. Das von Ex-ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger geführte ICMPD sah sich von SOS Balkanroute in einen Zusammenhang mit Pushbacks an der kroatischen Grenze und mit rechtsgrundlosen Inhaftierungen gebracht und reichte wegen des Wortes "Guantanamo" Klage gegen die NGO ein. Diese wurde jedoch im Sommer 2023 vom Wiener Handelsgericht abgewiesen.
Das umstrittene Flüchtlingslager Lipa war 2020 errichtet worden, wurde kurz darauf aber wegen seines desolaten Zustands wieder geschlossen. Mit österreichischer und internationaler Hilfe wurde das Camp im unwirtlichen Gelände 25 Kilometer südöstlich von Bihać im bosnischen Kanton Una-Sana umgebaut und saniert.