Für TikTok ging das Licht aus
Seit Sonntag greift in den USA ein Gesetz gegen die App.

170 Millionen Nutzer hat TikTok in den USA. Oder besser gesagt: hatte. Denn seit Samstagabend ist die Videoplattform abgeschaltet und aus App-Stores bei Apple und Google verschwunden. Der Hintergrund: Seit Sonntag greift ein Gesetz in den USA, das sich aus Sicherheitsbedenken gegen die Plattform wendet.
Hinter der App steht der chinesische Internetkonzern ByteDance. Er steht wegen seiner Nähe zur chinesischen Regierung unter Spionageverdacht. Obwohl die Firmen die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen haben, verpflichtete ein Gesetz ByteDance dazu, das US-Geschäft bis zum 19. Jänner 2025 zu verkaufen. Weil das nicht geschehen ist, wurde TikTok landesweit gesperrt. Für US-Dienstleister, die TikTok danach weiter versorgen, sieht das Gesetz hohe Strafen von 5000 Dollar pro Nutzer vor. Das könnten schnell Milliardenbeträge werden.
Millionen von Amerikanerinnen und Amerikanern sind vom Aus der Plattform betroffen, nicht nur als Nutzer. Viele bestreiten ihren Lebensunterhalt mit dort verbreiteten Videos. Auch die Videoschnitt-App CapCut und die TikTok-Alternative Lemon8, die ebenfalls dem ByteDance-Konzern gehören, funktionieren nicht mehr.
Bis zuletzt war spekuliert worden, ob die US-Regierung TikTok noch einen Aufschub gewähren würde. Denn ein kurzfristiger Verkauf des US-Geschäfts erschien unwahrscheinlich. Der scheidende US-Präsident Joe Biden ließ am Samstag mitteilen, die nächste Regierung müsse bei dem Thema nun prüfen, wie am besten vorgegangen werden solle.
Donald Trump hat nach der Abschaltung von TikTok erneut signalisiert, dass er die beliebte Video-App dort erhalten möchte. "Rettet TikTok", schrieb er auf der von ihm mitgegründeten Plattform Truth Social - wie so häufig komplett in Großbuchstaben. Wenig später kündigte er an, er wolle das Verbot per Dekret aufheben. Der Dienst solle künftig in einem Joint Venture zur Hälfte in US-Besitz sein, schlug Trump vor.
Trump hatte TikTok zuvor bereits einen dreimonatigen Aufschub in Aussicht gestellt, für den die rechtliche Grundlage jedoch unklar ist. Dem Gesetz zufolge kann der US-Präsident zwar eine Fristverlängerung von 90 Tagen gewähren. Voraussetzung dafür wäre, dass es aussichtsreiche Verkaufsverhandlungen gibt.
Zwar hatten Medien unlängst den Milliardär und Trump-Intimus Elon Musk als möglichen Käufer ins Gespräch gebracht. Unabhängig davon hatte zuvor auch ein weiterer Milliardär ein baldiges offizielles Übernahmeangebot in Aussicht gestellt. Vor einiger Zeit hatten Insider gegenüber der Agentur Reuters allerdings gesagt, dass ByteDance TikTok eher dichtmachen würde, als die App zu verkaufen.
Das bisher beispiellose Vorgehen gegen TikTok könnte das Verhältnis zwischen den USA und China weiter belasten. TikTok wollte sich dazu zunächst nicht äußern. Die chinesische Botschaft in Washington hatte am Freitag mitgeteilt, es werde mit unfairen staatlichen Mitteln gegen TikTok vorgegangen. China werde seine Rechte und Interessen entschieden verteidigen.
Für Nutzer in Europa ändert sich mit dem Aus von TikTok in den USA wenig. Die App funktioniert wie bisher, nur kommen auf die Plattform vorerst keine Clips mehr aus den USA. Das könnte TikTok weniger attraktiv für Nutzer machen.
In der Kritik ist TikTok nicht nur in den USA. Mehrere Staaten haben die Nutzung zumindest eingeschränkt. In Europa dürfen etwa Bedienstete der EU-Kommission die App nicht auf ihrem Diensthandy nutzen. In Österreich ist die Nutzung Staatsbediensteten auf ihren Dienstgeräten untersagt.
Die Unsicherheit rund um TikTok lässt vor allem jüngere Nutzer ausweichen. Ein Profiteur könnte die App RedNote sein. Aber auch Meta und Snap machen sich Hoffnung, Nutzer und Werbeerlöse anziehen zu können.