Die Ministerriege soll in den kommenden Tagen noch um Staatssekretäre ergänzt werden, wie der Generalsekretär des Elysée-Palastes, Emmanuel Moulin, Sonntagabend in Paris mitteilte. Le Maire spricht fließend Deutsch und kennt Deutschlands Kanzler Friedrich Merz seit langem. "Angesichts der außergewöhnlichen Umstände kann man sich nicht zurückziehen", schrieb Le Maire im Onlinedienst X. Der langjährige Wirtschaftsminister und Vater von vier Kindern ist auch als Autor mehrerer Romane und Sachbücher bekannt.
An die Spitze des Wirtschafts- und Finanzministeriums wurde der frühere Industrieminister Roland Lescure ernannt. Sein Vorgänger Eric Lombard galt als Verfechter des umstrittenen Sparpakets von Premierminister François Bayrou, über das dieser Anfang September gestürzt war. Bayrou hatte mit geplanten Einsparungen in Höhe von 44 Milliarden Euro die Opposition und weite Teile der Wählerschaft gegen sich aufgebracht. Lescure fällt nun die Aufgabe zu, den Haushalt für das kommende Jahr verabschieden zu lassen und die Oppositionsparteien davon abzuhalten, die Regierung erneut zum Sturz zu bringen.
"Diese Minister stehen vor der schwierigen Aufgabe, dem Land vor dem 31. Dezember ein Budget zu geben (...). Sie haben dies akzeptiert, in dem Wissen, dass sie Kompromisse mit den Oppositionsparteien finden müssen", schrieb Lecornu im Onlinedienst X.
Opposition unzufrieden
Zu den Ministern, die im Amt bleiben, zählen Außenminister Jean-Noël Barrot, Innenminister Bruno Retailleau, Justizminister Gérald Darmanin und Bildungsministerin Elisabeth Borne. Selbst Kulturministerin Rachida Dati, gegen die 2026 ein Korruptionsprozess ansteht, behält ihren Posten. Das Versprechen von Lecornu bei seinem Amtsantritt, einen "Neuanfang in Inhalt und Form" zu wagen, hat er nach Ansicht der Opposition damit nicht eingelöst.
Der rechtspopulistische Parteichef Jordan Bardella kritisierte die Zusammenstellung der Regierungsmannschaft scharf. "Es ist genau die gleiche Regierung wie vorher, lediglich erweitert um den Mann, der Frankreich in den Ruin getrieben hat", sagte mit Blick auf den ehemaligen Wirtschaftsminister Le Maire. Er bekräftigte seine Drohung, dass seine Partei Rassemblement National zum nächsten Regierungssturz bereit sei, wenn das Versprechen des Neuanfangs nicht eingelöst werde.
Der linkspopulistische Politiker Jean-Luc Mélenchon sprach von einem "Umzug der Untoten". "Zwei Regierungsstürze sollen umsonst gewesen sein? Diese Regierung wird sich nicht halten können", kommentierte er.
Erste Kabinettssitzung am Montag
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die neu ernannte Regierungsmannschaft am Montag um 16.00 Uhr zur ersten Kabinettssitzung empfangen. Zu den Neuzugängen zählen auch der ehemalige Haushaltsminister Eric Woerth, der nun für Raumordnung zuständig ist.
Es wird damit gerechnet, dass Lecornu in einer Regierungserklärung am Dienstag Grundzüge seines Haushaltsgesetzes vorstellt, das das Parlament bis Ende des Jahres verabschieden muss. Trotz seiner wochenlangen Verhandlungen zeichnete sich zuletzt kein Kompromiss ab, der die Opposition davon abhalten könnte, die Regierung erneut zu stürzen.
Lecornu hatte sich lediglich öffentlich dazu verpflichtet, den Haushalt nicht - wie seit 2022 üblich - mit dem Verfassungsartikel 49.3 ohne abschließende Abstimmung durch das Parlament zu boxen. Er zeigte sich grundsätzlich kompromissbereit, etwa mit Blick auf eine Verbesserung der Mütterrenten oder mehr Steuergerechtigkeit. Die linksgrüne und rechtspopulistische Opposition bezeichneten diese jedoch als unzureichend und zu vage.
Angesichts der dramatischen Staatsverschuldung in Höhe von etwa 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und einem Defizit von 5,8 Prozent ist Lecornu gezwungen, die öffentlichen Ausgaben im kommenden Jahr drastisch zu beschneiden. Die Rating-Agentur Fitch hatte kürzlich erst Frankreichs Kreditwürdigkeit herabgestuft.