Lecornu hatte seinen Rücktritt damit begründet, dass er im tief gespaltenen Parlament keine Regierung zur Verabschiedung des Etats für 2026 bilden könne. Seine erste Amtszeit dauerte nur 27 Tage. Er war damit der Ministerpräsident mit der kürzesten Amtszeit in der jüngeren Geschichte Frankreichs.
Auf der Plattform X erklärte Lecornu am Freitag, wer seinem Kabinett beitrete, müsse auf persönliche Ambitionen für die Nachfolge Macrons im Jahr 2027 verzichten. Er versprach ein Kabinett der "Erneuerung und Vielfalt". Zum Budgetentwurf selbst äußerte er sich nicht im Detail. Nach seinem Rücktritt hatte er jedoch erklärt, das Defizit müsse im kommenden Jahr auf 4,7 bis fünf Prozent der Wirtschaftsleistung gesenkt werden. Offen ist, wie er mit den Forderungen der Sozialisten umgehen wird. Diese hatten die Rücknahme der Pensionsreform Macrons und die Einführung einer Steuer für Milliardäre zur Bedingung für ihre Unterstützung gemacht.
Führende Konservative gegen Regierungsbeteiligung
Inmitten der politischen Krise sprach sich der Chef der konservativen Republikaner (LR), Bruno Retailleau, gegen eine Regierungsbeteiligung seiner Partei aus. "Ich bin überzeugt, dass wir nicht teilnehmen sollten", sagte der geschäftsführende Innenminister am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Er werde nicht in die Regierung eintreten, bekräftigte Retailleau. Seiner Partei drohe im Falle einer Regierungsbeteiligung der Bedeutungsverlust.
Mit dem Senats-Vorsitzenden Gérard Larcher und dem Europaabgeordneten und Vize-Parteichef François-Xavier Bellamy sprachen sich zwei weitere führende Mitglieder der Konservativen gegen eine erneute Regierungsbeteiligung aus. Larcher verwies auf den zu erwartenden Druck von Seiten der Sozialisten. Diese würden unter anderem versuchen, eine verantwortungsvolle Budgetpolitik zu verhindern.
Inwiefern sich die Äußerungen der führenden Parteimitglieder mit der Stimmung in der Partei decken, war unklar. Am Freitagabend hatte sich eine Mehrheit der LR-Abgeordneten für eine Unterstützung von Premierminister Lecornu ausgesprochen.
Schwere innenpolitische Krise
Frankreich befindet sich derzeit in einer schweren innenpolitischen Krise. Von den Parteien am linken und rechten Rand des politischen Spektrums kam am Freitagabend umgehend eine Kampfansage an die neue Regierung. Der Chef der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, kündigte an, seine Partei werde "sofort" ein Misstrauensvotum gegen die neue Regierung einbringen. Die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI) kündigte die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Macron an.
Die Sozialisten, deren Unterstützung für die Bildung einer stabilen Regierung unerlässlich ist, fordern weiterhin ein Aussetzen der von Macron 2023 durchgesetzten Pensionsreform, die in Frankreich äußert unpopulär ist. Die Partei drohte damit, ebenfalls für ein Misstrauensvotum zu stimmen, sollte Lecornu die Reform nicht "sofort und komplett aussetzen". Die Sozialisten erklärten, Lecornus Regierungserklärung in der kommenden Woche abwarten zu wollen.
Frankreich hat seit der von Macron einberufenen vorgezogenen Parlamentswahl im Sommer 2024 keine stabile Regierung mehr. Die Nationalversammlung ist in drei Blöcke gespalten - das linke Lager, das Regierungslager in der Mitte und das rechtspopulistische Lager. Keiner der drei Blöcke kommt auf eine Mehrheit.